Die feministischen Tendenzen in der Literaturwissenschaft hatten zur Folge, daß die von deutschen Autorinnen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders aber in den letzten drei Jahrzehnten verfaßte Literatur in der Forschung fast ausschließlich aus der feministischen Perspektive betrachtet wird. Dies erweckt den Eindruck, alle deutschen Autorinnen der Zeit hätten in ihren Texten allein die Probleme weiblicher Emanzipation thematisiert. Das Buch zeigt aber, daß bei manchen Autorinnen feministische Postulate gar nicht vorkommen oder deutlich in den Hintergrund treten. Das macht die Notwendigkeit einer anderen, nicht feministischen Annäherung an ihr Werk sichtbar.
Zahlreiche Beispiele im Buch beweisen, daß auch Marie Luise Kaschnitz, Gabriele Wohmann und Brigitte Kronauer sich von feministischen (Literatur-)Konzepten distanzieren und in ihre Texte mehrere Aspekte von traditionell bestimmten Weiblichkeitsmustern und Geschlechter-verhält-nissen aufnehmen. Diese Autorinnen bleiben sich bei ihren Reflexionen über weibliche Lebens-zusammenhänge der unausweichlichen Weiterwirkung von sozialen und kulturellen Traditionen bewußt. Die Analyse ihrer Werke und deren Vergleich mit feministischer Literatur verdeutlichen die Vielschichtigkeit der literarischen Arbeit von Frauen.
Author(s): Rūta Eidukevičienė
Series: Saarbrücker Beiträge zur Literaturwissenschaft
Publisher: Röhrig
Year: 2003
Language: German
Pages: 360