Mit Beiträgen von Anna Bartrow, Sandy Bieler, Felix Biermann, Andreas Kieseler, Ursula Lehmkuhl und Normen Posselt.
Obgleich die slawische Epoche im nordostdeutschen Gebiet seit der Mitte des letzten Jahrhunderts intensiv erforscht wurde, stand das agrarisch geprägte offene Siedlungswesen über lange Zeit nicht im Fokus der archäologischen Wissenschaft. Die Burgwälle und Seehandelsplätze des frühen und hohen Mittelalters zogen bei Forschungsprojekten mehr Aufmerksamkeit auf sich als die hinsichtlich Befunden und Funden meist bescheideneren offenen Siedlungen; Rettungsgrabungen waren lange nur in begrenztem Ausmaß möglich. Diese Situation änderte sich bereits seit den 1970er Jahren, als Notgrabungen bei großen Bauvorhaben und in Braunkohletagebauen zunehmend auch offene Siedlungen betrafen. Zu einer erheblichen Vermehrung der Grabungstätigkeit kam es dann seit der Wiedervereinigung, infolge vielfältiger Infrastrukturprojekte sowie rechtlicher und organisatorischer Verbesserungen in der amtlichen Bodendenkmalpflege. Bis heute werden fortwährend neue archäologische Quellen erschlossen, und im Osten Deutschlands gehören dazu auch zahlreiche slawische Siedlungsstätten.
Da die wissenschaftliche Auswertung und Vorlage dieser Grabungsergebnisse aus verschiedenen Gründen nicht Schritt hält mit den Feldforschungen, kann sich die Aussagekraft der neuen Bodenfunde nur allmählich entfalten. Unverzichtbar sind dafür die Bemühungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, solche Materialien im Rahmen von universitären Graduierungs- oder anderweitigen Forschungsvorhaben auszuwerten. Die Ergebnisse von vier Arbeiten dieser Art, die vorwiegend spätslawische offene Siedlungen in Nordbrandenburg, Mecklenburg und Vorpommern betrafen, werden hier vorgelegt. Die umfassende Präsentation dieser Fundplätze ähnlichen geographischen, zeitlichen und kulturellen Kontextes, ihre Auswertung zu Fragen der Bau- und Siedlungsstrukturen, der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ermöglicht eine vergleichende Betrachtung der in vieler Hinsicht eigenartigen Siedlungsmuster der nördlichen Westslawen. Die Siedlungsrelikte sind dabei keineswegs einfach zu deuten, denn in aller Regel fehlen unmittelbar erkennbare Hausgrundrisse und Hofanlagen. Zu den entsprechend kontroversen Diskussionen über das slawische Siedlungswesen tragen die hier versammelten Beiträge – eingeleitet durch einen umfassenden Problemaufriss des Herausgebers – wichtige Einsichten bei.
Author(s): Felix Biermann (Hrsg.)
Series: Studien zur Archäologie Europas, 33
Publisher: Verlag Dr. Rudolf Habelt
Year: 2019
Language: German
Pages: 342
City: Bonn
Felix Biermann / Gruben und ihre Deutungen – über das slawische offene Siedlungswesen im nordostdeutschen Raum 13
Anna Bartrow / Die spätslawische Siedlung auf der Klosterhalbinsel von Seehausen (Uckermark) 39
Normen Posselt (mit einem Beitrag von Ursula Lehmkuhl) / Die mittel- bis spätslawische Siedlung von Leyerhof, Fpl. 3, Lkr. Vorpommern-Rügen 129
Sandy Bieler / Die spätslawische Siedlung von Alt Stassow, Fpl. 8, Lkr. Rostock 191
Andreas Kieseler / Eine mittelalterliche Siedlung bei Plüggentin auf Rügen 291