Stiftung und Memoria

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Herausgegeben von Tillmann Lohse. Mit seinen Studien zum mittelalterlichen Stiftungswesen hat Michael Borgolte seit den achtziger Jahren eine sozialgeschichtliche Wende in der Stiftungsforschung der Vormoderne herbeigeführt. Maßgeblich war dabei die Einsicht, dass der Zweck der Stiftung, die Memoria des Stifters oder anderer von ihm benannter Personen auf Dauer zu sichern, nicht durch eine juristische Konstruktion, sondern nur durch den Austausch von Gabe und Gegengabe gesichert werden konnte. Der Initiator beziehungsweise die Verwalter seiner Stiftung und die Empfänger der Stiftungserträge standen in einem Verhältnis gegenseitiger Verpflichtungen, das oft über Jahrhunderte hin durch immer neue Aktualisierungen des Stifterwillens lebendig blieb. Mit diesem Ansatz hat Michael Borgolte Stiftungen des Mittelalters weit über das liturgische Gedenken hinaus untersucht und besonders karitativen und wissenschaftlichen Stiftungszwecken Beachtung geschenkt. Das Studium der Stiftungen eignet sich aber auch zur Erkenntnis einer Gesellschaft in ihren Zusammenhängen; deshalb beschrieb er Stiftung als 'totales System' und untersuchte das Verhältnis von 'Stiftung und Staat' oder 'Stiftung und Mäzenatentum'. In neueren Abhandlungen hat Michael Borgolte interkulturelle Vergleiche in dia- wie synchroner Dimension angestellt, zwischen dem vormodernen und dem neueren Stiftungswesen ebenso, wie zwischen den lateinisch-christlichen, byzantinischen, russisch-orthodoxen, jüdischen und vor allem muslimischen Stiftungen des mittelalterlichen Jahrtausends. Die hier vorgelegte Sammlung seiner wichtigsten Aufsätze und Beiträge bieten deshalb keinen Abschluss, sondern eher eine Zwischenbilanz auf dem Weg zu einer Universalgeschichte des vormodernen Stiftungswesens.

Author(s): Michael Borgolte
Series: Stiftungsgeschichten, 10
Publisher: Akademie Verlag
Year: 2012

Language: German
Pages: 454
City: Berlin

Vorwort. Von Tillmann Lohse vii
TEIL I: GRUNDLEGUNG
Die Stiftungen des Mittelalters in rechts- und sozialhistorischer Sicht 3
Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossenschaft 23
'Totale Geschichte' des Mittelalters? Das Beispiel der Stiftungen 41
Memoria. Zwischenbilanz eines Mittelalterprojekts 61
Stiftung, Staat und sozialer Wandel. Von der Gegenwart zum Mittelalter 79
TEIL II: FALLSTUDIEN ZUM ABENDLÄNDISCHEN MEMORIAL- UND STIFTUNGSWESEN
Gedenkstiftungen in St. Galler Urkunden 101
Freigelassene im Dienst der Memoria. Kulttradition und Kultwandel zwischen Antike und Mittelalter 131
Stiftergrab und Eigenkirche. Ein Begriffspaar der Mittelalterarchäologie in historischer Kritik 151
Die Rolle des Stifters bei der Gründung mittelalterlicher Universitäten, erörtert am Beispiel Freiburgs und Basels 171
Papstgräber als 'Gedächtnisorte' der Kirche 203
Über Typologie und Chronologie des Königskanonikats im europäischen Mittelalter 221
Die Stiftungsurkunden Heinrichs II. Eine Studie zum Handlungsspielraum des letzten Liudolfingers 245
Die Dauer von Grab und Grabmal als Problem der Geschichte 265
Das Grab in der Topographie der Erinnerung. Vom sozialen Gefüge des Totengedenkens im Christentum vor der Moderne 285
Der König als Stifter. Streiflichter auf die Geschichte des Willens 309
TEIL III: INTERKULTURELL VERGLEICHENDE STIFTUNGSFORSCHUNG
Von der Geschichte des Stiftungsrechts zur Geschichte der Stiftungen 337
Stiftungen – eine Geschichte von Zeit und Raum 385
Stiftung und Wissenschaft. Historische Argumente für eine Wahlverwandtschaft 407
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Michael Borgolte zum Thema 'Stiftung und Memoria' 421
Bislang erschienene Bände der von Michael Borgolte herausgegebenen 'Stiftungsgeschichten' 427
Abkürzungen und Siglen 429
Register 433