Die Albaner gelten als Nachfahren jener Illyrer, die zur Zeit des Augustus aus dem Licht der Geschichte verschwinden und erst Mitte des 11. Jahrhunderts wieder auftauchen. In Wirklichkeit verlief die Geschichte ganz anders. Die ältere Heimat der Albaner waren Berglandschaften in der Mitte der Balkanhalbinsel. Hier wurde das Volk der Bessen bemerkenswert früh, im 4. Jahrhundert, zum christlichen Glauben bekehrt. Mit Hilfe von Klöstern oben in den Bergen und einer neuen, bessischen Kirchensprache gelang das sogar erstaunlich gründlich. Dieses Wunder half den Bessen, den Heidensturm des 6. und 7. Jahrhunderts zu überstehen. Aus ihren zur christlichen Insel gewordenen Sitzen sind einige Tausend Bessen im 9. Jahrhundert ins nördliche Albanien, in das Vorfeld einer byzantinischen Festung, umgesiedelt worden. Sie sind, wenn die provozierenden Thesen des vorliegenden Buches stimmen, die Vorfahren der heutigen Albaner. Der Verfasser geht neue Wege, indem er die Methoden von Geschichtswissenschaft und Sprachgeschichte zusammenspannt. Das ermöglicht es ihm, Ortsnamenformen und Wortentlehnungen als historische Quellen zu lesen. Damit fällt Licht auf Wegstrecken der Vergangenheit, die bisher als unerhellbar galten.
Author(s): Gottfried Schramm
Series: Rombach Wissenschaft, Reihe Historiae, 4
Edition: 1
Publisher: Rombach
Year: 1994
Language: German
Pages: 272
City: Freiburg im Breisgau
Vorwort
I. Ein neuer Zugang zur Geschichte der Albaner 9
1. Vorwegbeschrieben: der Verlauf eines Weges 9
2. Die Entdeckung der Spur 14
3. Die Albaner: alteingesessen oder zugewandert? 18
4. Die ältere Heimat der Albaner 41
II. Bekehrte Barbaren (4.-6. Jh.) 48
1. Ein Bischof und seine Predigten für Taufbegehrende: Niceta von Remesiana 48
2. Andersgläubige Christen in einer benachbarten Bergregion: Ulfila und die Kleingoten 58
3. Eine neue Kirchensprache 67
4. Ein neues Alphabet 77
5. Der hessische Sockel des christlichen Wortschatzes der Albaner 88
6. Ein Geistesverwandter des Niceta: Theotimus von Tomi 97
7. Mission durch Mönche 106
8. Eine monastische Landschaft und ihre Kolonien in der Ferne 112
III. Christen im Vorfeld des byzantinischen Reiches und die Abwanderung von Bessen nach Albanien (7.-9. Jh.) 121
1. Die Bewahrung einer Religion und die Symbiose von Bessen und Hirtenromanen 121
2. Brücken nach Byzanz 131
3. Die Bedeutung nationaler Kirchensprachen für das Überdauern bedrohter Glaubensgemeinschaften 140
4. Abzug aus der alten Heimat 149
IV. Ethnische Eigenständigkeit und kirchliches Leben in einem gewandelten Rahmen (9.-12. Jh.) 157
1. Die neue Bleibe und ihre wirtschaftliche Nutzung 157
2. Die Einordnung der Zuwanderer in das byzantinische Reich 162
3. Andere kirchliche Verhältnisse 170
4. Eine auslaufende Spur: die eigene Kirchensprache der Albaner 178
5. Auseinanderdriftende Völkerschicksale: Albaner und Rumänen 185
V. Ausblick: Die fortdauernde Zusammengehörigkeit eines gespaltenen Volkes (13.-20. Jh.) 191
VI. Quellentexte, Alphabete und Karten (Die Übersetzungen in Zusammenarbeit mit Klaus Widdra) 200
A: Niceta von Remesiana (Nr. 1-7) 200
B: Goten am Nordabhang des Balkangebirges (Nr. 8) 218
C: Skythische, sarmatische, getische und gotische Christen in der Dobrudscha (Nr. 9-13) 219
D: Gottesdienstsprachen und hessische Mönche in Klöstern des Heiligen Landes (Nr. 14-17) 229
E: Der Eintritt der Albaner in die byzantinische Überlieferung (Nr. 18-20) 235
F: Alphabete (Nr. 21-24) 239
G: Albanien im Altertum (Nr. 25-28) 244
H: Das Bessenland und sein Umfeld vom 4.-10. Jh. (Nr. 29-33) 248
I: Die Arbaniten im Hinterland von Dyrrachion vom 9.-13. Jh. (Nr. 34-35) 253
VII. Abgekürzt zitierte Literatur 255
VIII. Indices (in Zusammenarbeit mit Michael Schmidt-Neke) 259
1. Vokabeln und Namenformen 259
2. Behandelte Themen 264