Was war Jugoslawien, warum gibt es den Staat heute nicht mehr und was ist an seine Stelle getreten? Der Historiker Holm Sundhaussen analysiert in seinem Buch Aufstieg und Fall des sozialistischen Jugoslawien und stellt die noch junge Geschichte der sieben Nachfolgestaaten dar.
Obwohl (Ex)Jugoslawien nach dem Ende des Kosovo-Kriegs und dem Sturz Milosevics aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt ist und die Debatten der 1990er Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten sind, erlebt die Jugoslawien-Forschung einen regelrechten Boom. Nie zuvor waren so viele und umfangreiche Dokumente zugänglich wie heute. Die Erschließung und Auswertung des Materials bleibt eine Jahrhundertaufgabe. Holm Sundhaussen zieht eine erste Bilanz. Sein Buch beginnt mit der Gründung des zweiten Jugoslawien und endet zwanzig Jahre nach dessen Zerfall. Untersucht werden Ereignisse, Akteure und Strukturen, die völkerrechtlichen Aspekte des Staatszerfalls, die Rolle des Auslands, die Gewalt in den 1990er Jahren sowie die Transformationsprozesse in den Nachfolgestaaten. Jugoslawien war ungewöhnlich komplex, aber die Menschen agierten und reagierten, wie sie es überall auf der Welt unter vergleichbaren Bedingungen tun. (Klappentext)
Author(s): Holm Sundhaussen
Publisher: Böhlau Verlag
Year: 2012
Language: German
Pages: 567
Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten 1943–2011: Eine ungewöhnliche Geschichte des Gewöhnlichen
Inhaltsverzeichnis
Benutzerhinweise
Einleitung
Jugoslawien als Staat und Prozess
„Natürliche“ und „künstliche“ Staaten
„Natürliche“ und „künstliche“ Nationen : Wer war wer in Jugoslawien ?
Offene Fragen
Im Labyrinth der Erinnerungen
Erster Teil: Jugoslawien 1943–1991
1. Vom Stalinismus zur Selbstverwaltung
1.1 Die Geburt des zweiten Jugoslawiens
Der 29. November 1943 und die Alliierten
Der Bürgerkrieg: Widerstand, Kollaboration und Völkermord
Die Kommunisten ergreifen die Macht
1.2 Kriegsopfer und Nachkriegsopfer
Der Mythos der Großen Zahl
Der kommunistische Vergeltungsterror
Demografische Bilanz des Krieges
1.3 Phönix aus der Asche
Die „Legitimierung“ eines zweiten Jugoslawiens
Das neue Staats- und Nationskonzept
Die Arbeit am Gründungsmythos
Die sozialistische Revolution
1.4 Der Eklat von 1948
Der Ausschluss Jugoslawiens aus dem Kominform
Reaktionen in Jugoslawien und im Ausland
1.5 Der eigene Weg
Ideologische Verwirrung und Neupositionierung der KPJ
Neue Gesellschaft und „absterbender“ Staat
Milovan Djilas: Der erste Dissident
Kontroversen über den „richtigen“ Weg
Die Weichenstellungen Mitte der 60er-Jahre: Jugoslawien erfindet sich neu
2. Außenpolitik im Kalten Krieg: Von der Isolation zur Blockfreiheit
Annäherung an den Westen und das Scheitern der „Wedge Strategy“
Die Wechselbäder in den jugoslawisch-sowjetischen Beziehungen und die Anerkennung der DDR
Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Bonn
Der „Prager Frühling“ und die Veränderung der jugoslawischen Verteidigungsdoktrin
Die Bewegung der Blockfreien
3. Jugolawiens „Goldene Jahre“ und ihre Widersprüche
3.1 Wirtschaftlicher und sozialer Wandel
Vom Agrar- zum industriellen Schwellenland: Die industrielle Revolution
Umrisse einer Wohlstands- und Konsumgesellschaft
Wandel der Geschlechterbeziehungen
Die Kehrseite des Fortschritts
3.2 Ideologischer und kultureller Wandel
Agitprop und der Neue Mensch
Vom Dogmatismus zur Verwestlichung der Kulturszene
Die Bildungsrevolution
„1968“
Zwischenbilanz
3.3 Religionsgemeinschaften und Staat
3.4 Zunehmende Ungleichheiten
Das regionale Entwicklungsgefälle: MER und WER
Soziale und andere Ungleichheiten
Verteilungskämpfe
3.5 Nationale Frage und die Reformen von 1967 bis 1971
Irrungen und Wirrungen im Nationsverständnis:„Abschied vom Jugoslawismus“ ?
Kampf gegen den „Unitarismus“
Sprache als Kampfarena
Föderalisierung der Föderation
Der „kroatische Frühling“ 1971
4. Die letzte Phase der Tito-Ära (1971–80)
4.1 Der Abschluss des Experiments Jugoslawien
Das Ende des „Liberalismus“
Die Verfassung von 1974
Das „Gesetz über die vereinte Arbeit“ von 1976 und der „Selbstverwaltungspluralismus“
Titos Tod 1980
4.2 Die Pfeiler der Macht
Von der Kaderpartei zur „Neuen Klasse“
Die Jugoslawische Volksarmee
Die oberste politische Führung
5. Finale Krise und der Untergang Jugoslawiens
5.1 Kollaps der Wirtschaft und des Selbstverwaltungssystems
Die Schuldenkrise und ihre Auswirkungen
Zwischen Reformen und Blockaden
Die Umrisse der Großen Krise: Eine Zwischenbilanz
5.2 Das Kosovo-Syndrom
Wem gehört Kosovo? Skizzen einer Konfliktgeschichte
Die neue Generation der Kosovo-Albaner und die Unruhen vom Frühjahr 1981
Serbische Gravamina und der Auftakt zum Genozid-Diskurs
5.3 Neue Diskurse – alte Feindbilder
Die Jungmuslime, der Prozess von 1983 und die „Islamische Deklaration“
Das Memorandum der Serbischen Akademie der Wissenschaften von 1986
5.4 Miloševićs Aufstieg und die „antibürokratische Revolution“
Vom Parteifunktionär zum Volkstribun
Miloševićs „Putsch“ vom September 1987
Die „antibürokratische Revolution“
Das Super-Event: Der 28. Juni 1989
5.5 Der serbisch-slowenische Antagonismus
Divergierende Interessenlagen
„Die Nacht der langen Messer“
Auf dem Weg zur „asymmetrischen Föderation“?
Januar 1990: Der BdKJ bricht auseinander
5.6 Freie Wahlen, Staatsstreichpläne und Agonie
Meinungsumfragen: Was wollten die Bürgerinnen und Bürger ?
Die Wahlen von 1990 und ihre Mobilisierungseffekte
Der Staat wird demontiert
Wann hörte Jugoslawien auf zu bestehen?
Wer war für die Zerstörung verantwortlich?
Zweiter Teil: Ex-Jugoslawien 1991–2011
1. Die postjugoslawischen Kriege und die Reaktionen des Auslands
1.1 Kriegsbeginn und die Anerkennungsfrage (1991/92)
Die internationale Gemeinschaft und der Zehn-Tage-Krieg in Slowenien
Der Krieg kommt nach Kroatien
Der deutsche Alleingang in der Anerkennungsfrage
1.2 Die Kriege 1992–95: Von Kroatien nach Bosnien und zurück
Bosnien an der Schwelle zum Krieg
Erste Phase des Bosnienkriegs
Ethnische Säuberungen
Der „Fall Herak“
Der Bosnienkrieg als mediales Ereignis
Späte Reaktion des Auslands, Friedenspläne und Krieg im Krieg
Der Völkermord von Srebrenica
Die Kriegswende in Kroatien und Bosnien sowie der Dayton-Vertrag
1.3 Der Kosovo-Krieg und die NATO-Intervention (1998/1999)
Von der Gewaltfreiheit zum Terrorismus
Eskalation und das Scheitern der Diplomatie
Der Krieg der NATO
Exkurs 1: Über die Vollstrecker von Massengewalt
Exkurs 2: Über die mentale Seite der Kriege: „Orientalismus“, „Balkanismus“ und „Okzidentalismus“
2. Die zweite Nachkriegszeit
2.1 Kriegsopfer und traumatisierte Gesellschaften
2.2 „Vergangenheitsbewältigung“: Pro und Contra
2.3 Das Haager Kriegsverbrechertribunal
Das Tribunal in Aktion
Die neue Doktrin des „Joint criminal enterprise“
Ein politisches Gericht?
2.4 Kriegsbewältigung in den postjugoslawischen Staaten
3. Neuanfänge und Krisen
3.1 Regimewechsel in Kroatien
Das Ende von Tudjmans autoritärem Regime
Kroatien vor dem Beitritt zur EU: Erfolge und Defizite
3.2 Regimewechsel in Serbien
Wie konnte sich Milošević so lange an der Macht halten?
Wie wurde Milošević gestürzt?
Der Zickzackkurs nach Miloševićs Sturz
Annäherung an „Europa“
3.3 Die Krise in Makedonien
Der griechisch-makedonische Dauerstreit
Die Eskalation ethnischer Gewalt 2001
3.4 Die Unabhängigkeit Kosovos
Kosovo als UN-Protektorat
Die Statusfrage und das Völkerrecht
Der Ahtisaari-Plan und die Unabhängigkeitserklärung von 2008
Kosovo: ein „gescheiterter Staat“?
3.5 Bosnien – ein hoffnungsloser Fall?
Die jugoslawische Krise in bosnischer Neuauflage
Die Unabhängigkeit Kosovos: ein Präzedenzfall für die Republika Srpska?
Einige Erfolge, viele Defizite: Ist die Umkehr der ethnischen Säuberungen gescheitert?
Vom „Islamismus“ zum Europäismus: Islam in Bosnien
3.6 Indikatoren der Transformation im postjugoslawischen Raum: Eine kurze vergleichende Zwischenbilanz
Schlusswort
Anhang
Tabellen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Register