Die Staatschefs der westafrikanischen Staaten haben 2013 beschlossen, gemeinsam für mehr maritime Sicherheit im Golf von Guinea zu sorgen. Damit haben sie den nach dem Tagungsort benannten Yaoundé-Prozess in die Wege geleitet. Seitdem hat sich das Risiko von Geiselnahmen auf Schiffen jedoch erhöht: 2018 entfielen von weltweit 83 entführten Besatzungsmitgliedern 78 Personen auf den Golf von Guinea. Dennoch kann der Yaoundé-Prozess auch Erfolge vorweisen, die auf den ersten Blick in der Statistik nicht erkennbar sind.
Allerdings bleibt festzuhalten, dass diese Fortschritte zum großen Teil nur mit umfangreicher internationaler Hilfe erreicht worden sind und es auch Rückschläge gab. Da die Ursachen von Seeräuberei an Land liegen, ist die ausschließliche Konzentration auf das Seegebiet ein »Geburtsfehler« des Yaoundé-Prozesses. Mittelfristig müssen diese Ursachen bekämpft werden, wenn Piraterie wirksam zurückgedrängt werden soll.
Als Erstes muss die Zunahme an Geiselnahmen auf offener See gestoppt werden. Dazu benötigen die Marinen der westafrikanischen Staaten neben weiterer Ausbildung, Wartung und Logistik auch Schiffe. Das Hauptaugen-merk sollte auf Nigeria und Ghana liegen: Nigeria ist einerseits am stärksten von Sicherheitsvorfällen auf See betroffen, andererseits verfügt das Land, wie Ghana, über eine große Signalwirkung in der Region.
Die internationale Gemeinschaft sollte das klare Signal vermitteln, dass Erfolge und Engagement einer afrikanischen Initiative durch weitere Unterstützung belohnt werden. Dabei geht es nicht um die Entlassung der afrikaanischen Staaten aus der Verantwortung für ihre eigene Sicherheit – im Gegenteil: Die Anrainerstaaten müssen ihre gemeinsamen Anstrengungen fortsetzen. Dafür bietet der Yaoundé-Prozess den richtigen Rahmen.
Author(s): Wolf Kinzel
Series: SWP Studie; 2019/5
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2019
Language: German
Pages: 44
City: Berlin
Problemstellung und Empfehlungen
Relevanz und Verortung
»Seeräuberei« und »bewaffneter Raubüberfall auf See«
Entstehung und bisheriger Verlauf des Yaoundé-Prozesses
Vergleich zum Horn von Afrika
Statistik zur maritimen Sicherheit
Hintergründe der Piraterie am Golf von Guinea
Staatliche Fragilität als Determinante von Piraterie
Illegale Fischerei, Schmuggel, Organisierte Kriminalität, Terrorismus
Ethnische und religiöse Konflikte in Nigeria
Umweltverschmutzung im Nigerdelta
Analyse der Sicherheitsvorfälle gegen Schiffe
Lösungsansätze und ihre Grenzen
Die Sicherheitsarchitektur im Rahmen des Yaoundé-Prozesses
Maritime Sicherheit auf der Ebene der Afrikanischen Union
Maritime Kapazitäten westafrikanischer Staaten
Maritime Sicherheit in Nigeria
Internationale Übungen
Fähigkeitslücken im Bereich Organisation
Fähigkeitslücken beim Material und Personal
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Unterstützung auf bilateraler Ebene
Unterstützung auf regionaler Ebene
Internationale Zusammenarbeit
Abkürzungen
Literaturhinweise