Die Zeit des 3. bis 5. Jahrhunderts n. Chr. brachte für das Gebiet des heutigen Baden-Württemberg einen großen Umbruch: Der Limes der römischen Provinz Germania Superior wurde in der Folge politischer Wirren und kriegerischer Konflikte aufgegeben. Auch weit im Hinterland verließen viele Einwohner das Land. In der Folgezeit etabliert sich eine einfachere germanische Besiedlung dort, wo zuvor römische Siedlungen und Landgüter bestanden.
Gegenstand der vorliegenden Studie ist es, zu beschreiben, wie nach den neuesten Ausgrabungsergebnissen der Wandel von provinzialrömischer Lebensweise hin zu einer einfacheren germanischen Siedlungslandschaft ablief. Die Untersuchung gibt Aufschluss über die Entwicklung einzelner Plätze während der Zeit des 3. bis 5. Jahrhunderts und den Wandel von der römischen zur germanischen Siedlungslandschaft. Warum hatten einige Orte eine germanische Folgebesiedlung und andere nicht? Waren romanisierte, bereits in den römischen Provinzen lebende Germanen eine Keimzelle der Besiedlung des 3. bis 5. Jahrhunderts?
Die Studie behandelt 32 Fundplätze mit zum Teil über 400-jähriger Forschungsgeschichte aus einem Gebiet im Nordwesten Baden-Württembergs. Von besonderem Interesse sind dabei die größeren und modern ergrabenen provinzialrömischen Ansiedlungen von Güglingen, Wiesloch, Gemmrigheim und Lauffen am Neckar. Die erfassten Fundplätze liegen in topographisch ganz unterschiedlich geprägten Landschaften: im Zentrum der hügelige Kraichgau, im Norden die südlichen Ausläufer des Odenwaldes, im Osten das durch den Neckar geformte Unterland, im Süden das eingeschnittene Enztal und im Osten die Rheinebene.
Author(s): Sven Jäger
Series: Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg, 14, 1
Publisher: Dr. Ludwig Reichert Verlag
Year: 2019
Language: German
Pages: 578
City: Wiesbaden
Vorwort
Inhalt
1 Vorwort des Autors
2 Einleitung
1 Struktur der Arbeit
2 Räumliche Abgrenzung
3 Inhaltlicher und chronologischer Rahmen
4 Von 'Germanen' und 'Völkerwanderung': Begriffe und Probleme
3 Arbeitsgrundlagen
1 Naturraum
2 Status Quo der Forschung zum Arbeitsgebiet
3 Makroskopische Abgrenzung der freigeformten Keramik des 3. bis 5. Jahrhunderts
3.1 Ausgangssituation
3.2 Technisch-makroskopische Autopsie und ihre Methodik
3.3 Beispiele freigeformter Keramik der Vor- und Frühgeschichte
3.3.1 Vorgeschichtliche Keramik
3.3.2 Provinzialrömische Keramik
3.3.3 Frühmittelalterliche Keramik
3.3.4 Einheimische, so genannte oberrheingermanische Keramik
3.3.5 Fazit
4 Materialauswahl
4.1 Erfasste Fundplätze
4.2 Methodik
5 Ziele, Grenzen und Möglichkeiten der Arbeit im Spiegel der aktuellen Forschung
4 Das Fundmaterial
1 Münzen
1.1 Bad Rappenau-Babstadt (Kat. BAB)
1.2 Bad Wimpfen (Kat. BAW)
1.3 Ettlingen (Kat. ETT)
1.4 Güglingen (Kat. GÜG)
1.5 Pforzheim (Kat. PFO)
1.6 Wiesloch (Kat. WIE)
1.7 Linkenheim-Hochstetten 'Rohrköpfle'
1.8 Bietigheim 'Weilerlen'
1.9 Fazit
2 Schmuck und Trachtbestandteile
2.1 Fibeln
2.1.1 Kniefibeln
2.1.2 Fibeln mit hohem Nadelhalter
2.1.3 Armbrustfibeln mit festem Nadelhalter
2.1.4 Fibeln mit festem Nadelhalter: Sonderform
2.1.5 Eiserne Armbrustfibeln
2.1.6 Bügelfibeln
2.1.7 Zwiebelknopffibel
2.2 Nadeln und Haarpfeile
2.2.1 Nadeln mit durchbrochenem Kopf
2.2.2 Stark profilierte Nadel
2.2.3 Nadel mit abgeknicktem Kopf
2.2.4 Nadel mit eingerolltem Kopf
2.2.5 Nadel mit schwach profiliertem Kopf
2.2.6 Prunknadeln
2.2.7 Nadel vom Typ Fécamp
2.2.8 Nadel vom Typ Cortrat
2.2.9 Nadel aus Knochen
2.3 Gürtel- und Riemenbeschläge
2.4 Armringe, Halsringe und Fingerring
2.5 Perlen und Anhänger
2.5.1 Ringförmige Glasperlen
2.5.2 Tonnenförmige Glasperle
2.5.3 Gedrückt kugelige Glasperle
2.5.4 Doppelkonische Glasperlen
2.5.5 Polychrome Glasperlen
2.5.6 Berlock-/Ösenperle
2.5.7 Polyedrische Glasperlen
2.5.8 Doppelkonisch-spindelförmige Glasperle
2.5.9 Bernsteinperle
2.5.10 Kaurischnecke
2.5.11 Glaswirtel
3 Gerätschaft und Ausrüstungsgegenstände
3.1 Kämme
3.1.1 Kämme mit halbrunder Griffplatte
3.1.2 Kämme mit dreieckiger Griffplatte
3.1.3 Einreihige Dreilagenkämme
3.1.4 Zweireihiger Dreilagenkamm
3.2 Messer
3.3 Pinzetten
3.4 Feuerzeuge
3.5 Schildbuckel
3.6 Schlüssel
3.7 Objekte mit haus- und handwerklichen Bezügen
3.7.1 Objekte aus Metall
3.7.2 Objekte aus Knochen
3.7.3 Objekte aus Stein
3.7.4 Objekte aus Ton
3.7.5 Ein Depot aus dem Keller Befundkomplex 51 von Güglingen?
3.7.6 Werkstücke und unspezifische Funde aus Metall und Stein
3.7.7 Werkstücke und unspezifische Fundeaus Knochen, Geweih und Horn
3.7.8 Schlacken
3.8 Glas
3.9 Sonstiges
3.9.1 Beschläge von Holzbehältern
3.9.2 Tonkugel
4 Die Keramik aus dem 3. bis 5. Jahrhundert
4.1 Freigeformte Keramik
4.1.1 Warenarten
4.1.2 Gefäßformen
4.1.3 Statistische Beobachtungen
4.1.4 Methodik und Prämissen der Auswertung
4.1.5 Schüsseln
4.1.6 Schalen
4.1.7 Flaschen
4.1.8 Kümpfe
4.1.9 Töpfe
4.1.10 Teller
4.1.11 Becher
4.1.12 Siebe
4.1.13 Sonderformen
4.1.14 Bodenformen
4.1.15 Verzierung auf Wand- und Bodenscherben
4.1.16 Zur Funktion der Gefäßformen
4.2 Drehscheibenware
4.2.1 Germanische Drehscheibenware
4.2.2 Braune Nigra
4.2.3 Späte Terra Nigra
4.2.4 Spätantike Terra Sigillata
4.2.5 Marmorierte Keramik
4.2.6 Rotgestrichene Keramik
4.2.7 Orangetonige Ware
4.2.8 Mayenartige Gebrauchskeramik
4.2.9 Sonstige Gebrauchskeramik
5 Mittelkaiserzeitlich-provinzialrömische Funde
5.1 Eifelkeramik aus den Töpfereienvon Urmitz/Weißenthurm
5.1.1 Vorkommen im Arbeitsgebiet
5.1.2 Gefäßformen
5.2 Terra Sigillata
5.2.1 Reliefsigillata
5.2.2 Die Stempel
5.2.3 Glatte Terra Sigillata
5.3 Feinkeramik
5.3.1 Terra Nigra
5.3.2 Feine und meist überzogene Ware
5.4 Gebrauchskeramik
5.4.1 Krüge
5.4.2 Teller, Schüsseln, Töpfe und Deckel
5.4.3 Schwerkeramik
5.4.4 Sonderformen
5.5 Freigeformte Keramik
5.6 Das akeramische Fundgut
5.7 Fazit
5 Die Befunde
1 Grubenhäuser
1.1 Freistehende Vierpfostengrubenhäuser
1.2 Freistehende Sechspfostengrubenhäuser
1.2.1 Sechspfostengrubenhäuser mit ausgestelltem Firstpfosten
1.2.2 Sechspfostengrubenhäuser mit eingebundenem Firstpfosten
1.3 Achtpfostengrubenhäuser
1.4 Grubenhausartige Strukturen in römischen Gebäuderesten
1.5 Mutmaßliche Grubenhausreste
2 Ebenerdige Pfostenbauten
2.1 Speicherbauten
2.2 Kleine Rundbauten
2.3 Mittelgroße Pfostenbauten
2.4 Langhäuser
2.4.1 Mehrschiffige Gebäude
2.4.2 Einschiffiges Gebäude
3 Technische Anlagen
3.1 Wasserversorgung
3.2 Feuerstellen
3.3 Rennofen
4 Pfosten, Gruben und Halden
4.1 Pfosten
4.2 Gruben
4.3 Schuttbereiche (Halde/Deponie)
5 Limeszeitliche Befunde mit Fundmaterial aus dem 3. bis 5. Jahrhundert
6 Gräber
6 Einzelbewertung von Siedlungsplätzen
1 Bad Rappenau-Babstadt (BAB)
2 Gemmrigheim (GEM)
3 Güglingen (GÜG)
4 Laufen am Neckar (LAU)
5 Oberdingen-Flehingen (OBF)
6 Wiesloch (WIE)
7 Durch Lese- oder Einzelfunde nachgewiesene Fundplätze
7.1 Bad Friedrichshall-Jagstfeld (BFJ)
7.2 Bad Rappenau-Zimmerhof (BAZ)
7.3 Bad Wimpfen (BAW)
7.4 Brackenheim-Meimsheim (BRM)
7.5 Bruchsal (BRU)
7.6 Eberbach (EBB)
7.7 Eggenstein-Leopoldshafen (EGL)
7.8 Eppingen-Kleingartach (EPK)
7.9 Eschelbronn (ESB)
7.10 Ettlingen (ETT)
7.11 Bad Rappenau-Fürfeld (FÜR)
7.12 Gundelsheim (GUN)
7.13 Heilbronn-Böckingen (HEB)
7.14 Ingersheim-Großingersheim (IHG)
7.15 Kirchardt (KIH)
7.16 Knielingen (KNI)
7.17 Kürnbach (KÜR)
7.18 Leingarten-Großgartach (LGG)
7.19 Linkenheim-Hochstetten (LHS)
7.20 Neulußheim/Altlußheim (NLA)
7.21 Pforzheim (PFO)
7.22 Remchingen-Wilferdingen (REW)
7.23 Sachsenheim-Großsachsenheim (SGS)
7.24 Schwaigern (SCH)
7.25 Walheim (WAH)
7.26 Walldorf (WAL)
7 Regionale Synthese
1 Materialspezifische Aspekte
2 Zum Begriff 'aprovinzialrömisch'
2.1 Vergleich freigeformter Keramik im provinzialrömischen Kontext an Oberrhein und oberer Donau
2.2 Drehscheibenkeramik und späte südwestdeutsche Terra Nigra
2.3 Fazit
3 Zur Chronologie der Fundplätze
3.1 Zu den Laufzeiten der Fundplätze
3.2 Der zeitliche Ablauf der Besiedlung im 3. bis 5. Jahrhundert
3.3 Fazit
4 Das Umfeld der Siedlungen und die Vorbesiedlung provinzialrömischer Prägung
4.1 Naturraum
4.2 Die Verbindung zur provinzialrömischen Vorbesiedlung
4.2.1 Strukturelle Bezüge
4.2.2 Chronologische Bezüge und Abläufe
4.3 Fazit
5 Lokale ökonomische Aspekte der Besiedlung
5.1 Zu Handwerk und Landwirtschaft
5.2 Zu nachlimeszeitlichen Importen provinzialrömischer Prägung
6 Zur Frage der Träger der limeszeitlichen aprovinzialrömischen Sachkultur
6.1 Grundlagen der Diskussion
6.2 Das Keramikmaterial
6.3 Zur Frage des Nutzerkreises
7 Die Besiedlungsgeschichte
7.1 Der so genannte Limesfall in Obergermanien als Beginn einer Landnahme?
7.1.1 Der Forschungsstand
7.1.2 Der Beitrag des Sachguts – Versuch einer Modellbildung
7.2 Die Besiedlung ab dem späten 3. Jahrhundert
7.2.1 Die germanisch geprägte Komponente als Zeugnis einer Landnahme?
7.2.2 Die frühe Nachlimeszeit: Wandlungen im 4. Jahrhundert als Folgen einer Migration?
7.2.3 Der Bruch in der Mitte des 4. Jahrhunderts
7.2.4 Das Ende der Siedlungen und der Übergang zur Merowingerzeit
7.2.5 Zum fehlenden Nachweis von Höhensiedlungen des 4./5. Jahrhunderts
8 Die Sachkultur des 3. bis 5. Jahrhunderts als Ausdruck einer Transferzone
8.1 Vorbemerkungen
8.2 Externe Komponenten in der materiellen Kultur
8.3 Entwicklung der Komponenten der materiellen Kultur
8.4 Das ehemalige Limesgebiet als Transferregion und Kommunikationsraum
9 Ein Modell der Besiedlungskomponenten?
8 Zusammenfassung und Ausblick
9 Listen
10 Literaturverzeichnis
11 Abbkürzungen
12 Abbildungsnachweis