Die Farben der Herrschaft: Imagination, Semantik und Poetologie in heldenepischen Texten des deutschen Mittelalters

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Inszenierungen feudaladeliger Herrschaft, die in heldenepischen Texten des 12. und 13. Jahrhunderts ihren festen Platz haben, werden in dieser Studie erstmals systematisch mit Blick auf ihre Farb- und Glanzgestaltungen untersucht. Sprachliche Imaginationen von Farben und Glanz werden als kulturell erzeugte Konstrukte verstanden, die gesellschaftsrelevante Diskurse und Semantiken codieren. Im Schnittfeld von Ästhetik und Poetologie werden Farben hinsichtlich der Modi ihrer sprachlichen Evokation, ihrer Funktionen und Bedeutungen analysiert. Die überwiegend attributiv eingesetzten Farbzuschreibungen stehen dabei hauptsächlich in Verbindung mit Figuren und Räumen. In textnahen Lektüren untersucht Mareike Klein die Chromatik der frühen Texte 'Rolandslied' und 'König Rother' sowie der späteren Texte 'Willehalm' und 'Herzog Ernst (B') unter Berücksichtigung von poetologischen, narratologischen und strukturellen Gesichtspunkten. Die jeweiligen Verwendungsweisen und Semantisierungen von Farben und Glanz ergeben sich im Zusammenspiel inter- sowie intratextueller Referenzsysteme: Die Autoren greifen auf Farbmuster und -semantisierungen zurück, wie sie etwa im theologisch-allegorischen Diskurs oder in gattungstypischen Schreibweisen vorgeprägt sind, um sie in eigener Weise zu akzentuieren. Die Farb- und Glanzgestaltung der Werke indiziert vor allem, in welcher Art und Weise Fragen nach Idealität, Legitimität und physischer Gewalt herrscherlichen Handelns im Rahmen kriegerischer Konflikte verhandelt werden. Während in den beiden frühen Texten die 'eigenen' gegenüber den 'anderen' Herrschern und ihrer Kollektive tendenziell affirmativ dargestellt sind, setzen die beiden späteren Werke auf kritische Akzentuierung. Die systematische Analyse des Farbdiskurses im heldenepischen Schreiben macht deutlich, dass und wie das Potential von Farbigkeit Herrschaft und ihre Folgen idealisieren oder problematisieren kann.

Author(s): Mareike Klein
Series: Literatur - Theorie - Geschichte. Beiträge zu einer kulturwissenschaftlichen Mediävistik, 5
Publisher: Akademie Verlag
Year: 2014

Language: German
Pages: 326
City: Berlin

Inhalt
Dank
I. Einleitung
1. Farbe und Sprache
2. Farbe und Licht
3. Farben und ihr semantischer Gehalt in mittelalterlicher Literatur
4. Zu Anlage, Methodik und Aufbau der Arbeit
II. Farbimaginationen als literarästhetische und poetologische Strategien der Herrschaftsinszenierung in "Rolandslied" und König Rother
1. Allegorisch-poetologische Funktionalisierung von Farben: Herrscheridealität im "Rolandslied"
2. Allegorische Semantisierung von Farben und Glanz im "Rolandslied"
3. Literarische Funktionalisierung von Farben: Herrscheridealität und Poetik der Visualität im "König Rother"
4. Zusammenfassender Vergleich von "Rolandslied" und "König Rother"
III. Farb- und Glanzattribuierungen von Heiden und Christen: Zur Problematisierung herrscherlicher Idealität in Wolframs von Eschenbach "Willehalm"
1. Ästhetik und Poetik der Heterogenität
2. Leuchtende Schwärze und glänzende Heere: Wie "finster" sind die Heiden?
3. Die Farben des Raums und seiner Figuren
4. Resümee
IV. Der Herrscher in der Fremde – die fremde Herrschaft: Farb- und Rauminszenierung des Orients und die Verhandlung von Herrscheridealität im "Herzog Ernst (B)"
1. Der Orientdiskurs im "Herzog Ernst (B)"
2. Die Heterotopie Grippia als Phantasma des exotischen Orients
3. Die Akteure und ihre Farbigkeit
4. Grippia als Spiegelepisode: Reflexion feudaladeliger Verhaltensideale – ein Resümee
V. Schlussbemerkung
VI. Literaturverzeichnis