Wenn man versucht, aus erzählenden Quellen und Inschriften zu rekonstruieren, was sich auf dem Boden Südosteuropas während des bewegten ersten Jahrtausends nach Christus abgespielt hat, dann bleibt vieles, allzu vieles zwischen Augustus, der die römische Eroberung des Subkontinents im wesentlichen zu Ende brachte, und Basileios II., der ihn erneut dem Byzantinischen Reich unterwarf, im Dunkeln. Nicht hinreichend gewürdigt und genutzt wurde bislang, daß uns zusätzliche Zeugen zu Gebote stehen, die manche Unklarheiten aufzuhellen vermögen. Diese weithin vernachlässigten Informanten sind die Lautungen, unter denen uralte Namen für Siedlungen, Gewässer, Regionen und Berge auf uns gekommen sind. Was sie über eine Wegstrecke der Vergangenheit zu sagen haben, geben sie uns freilich nur dann preis, wenn wir sie in großen Zahlen vorladen und geduldig, eindringlich und methodisch verhören. Um eine solche Befragung geht es in diesem Buche.
Author(s): Gottfried Schramm
Publisher: Anton Hiersemann
Year: 1981
Language: German
Pages: 487
City: Stuttgart
Vorwort Vvii
A. GRUNDLEGUNG 1
I. Die Fragestellung 1
II. Zur Anlage und Terminologie der Studie 4
III. Das Material: Lehnnamen für Gewässer. Orte. Regionen und Berge 6
1. Das antike Namenerbe und seine Überlebensbedingungen 6
2. Grenzen des Untersuchungsfeldes, Kriterien der Beispielauswahl 18
IV. Der Stand der Forschung 22
1. Österreich und Ungarn: Die Chronologie des Lautersatzes als Schlüssel für Ansiedlungsvorgänge 22
2. Jugoslawien und Bulgarien: Die Slawisierung Südosteuropas als unausgeschöpftes Thema der Namenforschung 26
3. Albanien und Rumänien: Siedlungskontinuität zweier Völker? 31
4. Nordgriechenland: Vernachlässigte Zeugen 40
V. Typologie der Veränderung geographischer Namen 43
1. Namengabe 43
2. Entgleisungen, Umprägungen 48
3. Lautwandel 56
4. Etappen der Entlehnung: Lautersatz, Rückanlehnung, Lehnfixierung 59
5. Namenablösung: Flußnamenvereinheitlichung; Namenausgleich zwischen Fluß und Ort; Umbenennung 67
B. DER EUROPÄISCHE SÜDOSTEN VON AUGUSTUS BIS BASILEIOS II. 71
I. Die Ebenen in römischer Hand: Verstärkte Kontakte zwischen Barbarenvölkern 71
II. Die Einbeziehung der Bergstämme in die provinzialrömische Verkehrsgesellschaft: Voraussetzung für die geographische Reichweite eines barbarensprachigen Lautwandels? 95
III. Veränderungen im Namenschatz der Eroberer; Die fortdauernde Anpassung einer romanischen Minderheit an die alteingesessene Mehrheit 104
IV. Das Fazit der Römerherrschaft: Romanisierte Ebenen, nichtromanisierte Bergstämme 115
V. Der Zusammenbruch der Nordgrenze: Südwärts flüchtende Romanen 131
VI. Die neuen Eroberer: Frühslawisierte Ebenen - Bergländer als Beharrungsräume der Vorbevölkerung 140
VII. Die Byzantiner als Sieger über die Bulgaren: Kontinuität und Wandel im griechischen Namenschatz 165
VIII. Rückblick: Rasche Eroberungen, langsame Einschmelzungen 175
C. 200 NAMENGESCHICHTEN 185
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 419
Register 445
Karten 1-6 im Anhang