Gold in der europäischen Heldensage

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Die Kulturgeschichte des frühen Mittelalters ist geprägt durch den Besitz, den Raub, die Zurschaustellung und das Verteilen von Gold. Disziplinenübergreifend ist die Semantisierung von Gold in der Kultur dieser Epoche bislang nicht untersucht. Die hohe kulturelle Bedeutung des Goldes lässt sich an archäologischen Funden wie Grabbeigaben oder Schätzen ablesen. Auch die überlieferten Zeugnisse der Heldendichtung zeigen den besonderen Stellenwert des Metalls an: Helden tragen goldene Rüstungsgegenstände, Herrscherinnen sind goldgeschmückt, und der Raub von Gold hat fatale Folgen. Angesichts dieses Befundes wird die Frage nach der kulturellen Bedeutung des Goldes in der europäischen Heldendichtung des frühen Mittelalters erstmals gestellt. Der vorliegende Band unternimmt dies im Dialog mit der Archäologie und im Rückgriff auf Methoden und Ergebnisse der historischen Narratologie, Anthropologie und Geschichtswissenschaft und stellt die Frage nach der Bedeutung der goldenen Gegenstände im Kontext der erzählten Welten der volkssprachigen und lateinischen Literaturen Mittel- und Nordeuropas. Die Übersicht über die hier diskutierten Texte lässt eine Eigentümlichkeit erkennen: Geraubt oder präsentiert oder geschenkt werden Artefakte aus Gold. Im Unterschied zur aus dem archäologischen Befund ermittelbaren kulturellen Praxis wird kaum davon erzählt, dass goldene Gegenstände geschmolzen, gemahlen und neu verarbeitet werden. Der Wert der in der Literatur imaginierten Gold-Dinge ist nicht nur von ihrem Grundstoff abhängig, sondern mehr noch von der spezifischen Geschichte der Herkunft und Weitergabe des Artefakts.

Author(s): Heike Sahm, Wilhelm Heizmann, Victor Millet (Hrsg.)
Series: Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 109
Publisher: Walter de Gruyter
Year: 2019

Language: German, English
Pages: 362
City: Berlin

Vorwort v
Einleitung: Gold in der Heldensage 1
Alexandra Pesch, Drachengold: Schatzfunde des Nordens im ersten Jahrtausend n. Chr. 13
Matthias Hardt, Schätze voller Armringe aus Kaisergold und Goldgriffschwerter aus der Halle des Kaisers: Erinnerungen an die Sachkultur der Völkerwanderungszeit in der Heldendichtung des Mittelalters? 35
Wolfgang Haubrichs, Sagenhafte Schatzfunde bei Gregor, Fredegar, Paulus Diaconus und anderen: Narrative von der Entstehung und Rechtfertigung von Schätzen 51
Richard North, Gold and the heathen polity in "Beowulf" 72
Winfried Rudolf, The Gold in "Beowulf" and the Currencies of Fame 115
Tanja Mattern, Held und Gold: Zu Stellenwert und Funktion von Metallen im Heldenepos 142
Victor Millet, Was sind goldene Waffen wert? 174
Heike Sahm, Gold und Gebärde: Zur Funktion herrschaftlicher Prachtentfaltung in heldenepischen Texten 188
Edward R. Haymes, Der Ring Andvaranaut und sein Fluch 233
Anne Hofmann, Draupnir, Andvaranaut und die freigiebigen Ringgeber: Zum Symbolgehalt von Ringen im Altnordischen 246
Torfi H. Tulinius, "Milli skriptanna, spengr af gulli": On the Conversion of Gold and other Valuables in Sagas and Skaldic Poetry 264
Matthias Teichert, Die Metamorphosen des roten Goldes: Narratologie, Semantik und Semiotik von Gold (und Silber) in der "Hrólfs saga kraka" und anderen Texten der altwestnordischen Heldenepik 275
Wilhelm Heizmann, Das Gold der römischen Kaiser 300
Register 331