Neudruck der Ausgabe Leipzig 1921.
Bereits 1908 wurde es in Angriff genommen als eine Sammlung der Quellen über die Reformationsgeschichte Liv-, Est- und Kurlands zu dem Zwecke, den Unterbau für eine allgemeinverständliche, auch in das Lettische und Estnische zu übertragende Darstellung zu bilden. Seit Anfang 1914 tatkräftig gefördert, erwuchsen alsbald unter dem Drucke der Ereignisse Hemmungen, die eine Begrenzung in dem Plan der Schrift auf die Einführung der Reformation in jenen Gebieten erforderlich machten. In dieser Beschränkung aber ist es infolge einer Reihe günstiger Umstände möglich gewesen, die Arbeit auch während des Krieges fortzusetzen. Als nach der Einnahme Rigas im September 1917 das Verbot der Herausgabe deutsch geschriebener Bücher fiel, konnte im Frühjahr 1918 die dortige Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde, welche die Veröffentlichung betrieb, in Riga noch mit dem Druck der fertigen Handschrift beginnen. Nach dem Niederbruch der Mittelmächte aber ist es dem Verein für Reformationsgeschichte und seinem Vorsitzenden zu danken, daß der Satz, aller Hindernisse ungeachtet, in Deutschland beendet werden konnte.
Der Wert des Gebotenen besteht nicht nur in der eingehenden, trotz der Fülle von Einzelzügen, zuweilen auch einer gewissen, von dem Verfasser mit dem Fehlen ausreichender Vorarbeiten entschuldigten Breite, nicht ermüdenden Beschreibung der verschiedenen Phasen des Ringens religiöser Ideen und weltlicher Machtansprüche in einem bestimmten räumlichen Bezirk, das vor unsern Augen aufgerollt wird. Die Schrift ist vermöge des weitgespannten Hintergrundes, den A. seiner Untersuchung gibt, vielmehr zugleich ein allgemeines Dokument der Gedankenwelt überhaupt, welche in der Zeit des Aufkommens der Reformation das kirchliche, staatliche und städtische Leben des nördlichen Europas beherrschte, und der treibenden Kräfte, die sich in der inneren Umwälzung zu Beginn des 16. Jahrhunderts auswirkten. Wie in einem Spiegel sind hier die Ausstrahlungen der einzelnen geistigen Komplexe, welche in der Reformation nach Ausdruck rangen, aufgefangen, um zurückgeworfen zu werden und wieder andere Teile des Gesamtbildes zu erhellen oder ihm neue Farben und Töne hinzuzufügen.
Author(s): Leonid Arbusow jr.
Series: Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, 3
Edition: Reprint
Publisher: Scientia Verlag
Year: 1964
Language: German
Pages: 872
City: Aalen
Einleitung. Livland am Ausgang des Mittelalters
I. Rechts- und verfassungsgeschichtliche Verhältnisse.
II. Kirchliche, religiöse und politische Zustände bis zum ersten Viertel des 16. Jahrhunderts
1. Kirche und Geistlichkeit
2. Die volkstümliche Frömmigkeit
3. Reformbestrebungen im Beginn des 16. Jahrhunderts
4. Weltliche Opposition der Stände gegen die neue Auffassung der Herren von der Landeshoheit
5. Vorläufer der religiösen Opposition: Spuren häretischer Strömungen in Livland
Die Einführung der Reformation in Livland, Estland und Kurland (1521—1633)
1. Unmittelbare Voraussetzungen fUr das Eindringen der reformatorischen Lehre in Riga
2. Die Aufnahme der päpstlichen Bannbulle gegen Luther In Livland. Beginn der evangelischen Predigt in Riga (1521—1522)
3. Fortschritte der Reformation in Riga. Verhalten der Prälaten nach dem Wolmarer Landtage von 1522
4. Vor dem Sturm: Angriffe auf die Mönche in Hasenpofh und Riga. Agitation der Rigaschen Franziskaner in Rom. Der Schwarmgeist Melchior Hofmann in Wolmar. Luthers Sendschreiben an die livländischen Evangelischen. Einzug der Reformation in Reval (1523)
5. Bilderstürme und Begründung der evangelischen Armenpflege in Riga. Ausbreitung der Reformation bis zum Sommer 1524 in Reval, Narva und Dorpat
6. Zusammenflüssen der weltlichen und der religiösen Opposition auf dem allgemeinen Ständetage in Reval (Juli 1524)
7. Weitere Niederlagen der Römischen Partei in Livland. Der Revaler Bildersturm. Die Katastrophe in Dorpat. Bischof Blankenfeld unter dem Verdacht landesverräterischer Beziehungen zu den Russen
8. Verschärfung der Gegensätze, Entstehung neuer Konflikte. Einziehung der geistlichen Güter durch die Städte. Blankenfelds Sonderpolitik; Anbahnung ausländischer Interventionen. Widerhall der preussischen Umwälzung in Livland. Gärung unter den Bauern. Abschreckung der Ritterschaften durch die revolutionären Begleiterscheinungen der Reformation. Eigener Standpunkt Dorpats in der Politik der Städtegruppe
9. Reaktion und ihre Folgen und Misserfolge. Bündnis der Herren und Ritterschaften gegen die Umsturzbestrebungen der evangelischen Städte (Juli 1525). Geheime Verbindung zwischen Preussen und Riga. Übergang der Stadt in die Alleinherrschaft des Ordensmeisters. Auftreten und Bekämpfung evangelischer Ideen im Deutschen Orden in Livland. Ausbreitung der Reformation in Wenden, Fellin, Pernau
10. Blankenfelds Sturz infolge geheimer Verbindung mit den Russen. Wiederaufleben und endgültiges Seheltern des llvländischen Einherrschaftsgedankens
11. Unterwerfung des Rigaschen Erzbischofs und Bischofs von Dorpat, Übernahme der Schutzhoheit über ganz Livland durch Plettenberg (1526). Die Frage nach Blankenfelds Landesverrat. Verdacht der römischen Kurie, des Ordens in Deutschland und der katholischen Reichsstände gegen Pleitenbergs kirchliche Zuverlässigkeit. Plettenberg und die Nachfolge im Hochmeisteramt des Deutschen Ordens. Blankenfelds letzte diplomatische Sendung und Ausgang (1526/27)
12. Ausbau des evangelischen Kirchenwesens in Riga, Reval und Dorpat. Kampf gegen 'papistische Rückwirkungen'. Innere Gefährdung der Reformation; Mahnungen aus Wittenberg. Der Streit um die 'Zeremonien'. Beginn der Sektenstiftung Melchior Hofmanns (1525/26). Charakter der reformatorischen Lehre in Livland. Zusammenwirken der Städte in kirchlichen Dingen seit 1526
13. Die Lage der alten Kirche. Vordringen der Reformation in Kurland seit 1526. Entwicklung der allgemeinen politischen und kirchlichen Zustände seit der Ausschaltung des Erzbischofs Blankenfeld
14. Wachsende Bedeutung Wittenbergs für die Entwicklung der Inländischen Reformation infolge von kirchlichen Streitigkeiten. Die Rigasche Gottesdienstordnung nebst Gesangbuch vom Jahre 1529-1530. Die Anfänge der Reformation unter den Letten und Esten
15. Neue Herren im Stift Dorpat und Erzstift Riga (1528). Verbindung kurländischer und erzstiftischer Vasallen mit dem evangelischen Preussen. Die Koadjutorfrage im Erzbistum. Der Lübecker Vertrag zwischen Riga und dem Elekten Schöning. Die kirchlichen Neuerungen in Livland vor dem Reichskammergericht. Markgraf Wilhelms Berufung zum Rigaschen Koadjutor (1529)
16. Zersetzende Wirkungen der Reformation auf das staatliche Gefüge Livlands während Plettenbergs letzter Regierungsjahre. Grundsätzlicher Anschluss der Stadtmagistrate an Wittenberg (1533). Der 'neue Glaube' ausserhalb der Städte. Rückblick und Ausblick
Nachträge und Berichtigungen
Register der Orts- und Völkernamen
Personenregister