März/April 2002: In Leipzig, Catania und Syrakus versammeln sich zwei Dutzend italienische, österreichische, französische, amerikanische und deutsche Literaturwissenschaftler, um das Werk des größten Spaziergängers der deutschen Literatur zu diskutieren: Johann Gottfried Seume (1763-1810) war von Dezember 1801 bis August 1802 zu Fuß (bisweilen allerdings auch in der Kutsche) zwischen Grimma und Syrakus unterwegs – mit einem Abstecher ins postrevolutionäre, napoleonische Paris –, auf einem der kuriosesten Eilmärsche, von denen die Reiseliteratur zu berichten weiß. Warum wanderte Seume? Ist er ein zuverlässiger Berichterstatter? Wieviel ist Selbststilisierung in seinem berühmten Buch „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“? Haben wir einen Tatsachenbericht vor uns oder doch auch ein Stück „fiction“? Mit welchem Blick nahm er Landschaft auf? Was las er unterwegs und überhaupt: Welche Autoren welcher Sprachen? Die Colloquien in Deutschland und Sizilien warfen mehr Fragen auf, als Antworten zu finden waren, doch das beweist, ein wie vielschichtiger Autor Seume ist, der neben Forster und Rebmann, Oelsner und Jochmann zu den großen deutschen Verfassern republikanischer Prosa um 1800 zu zählen ist. Endlich tritt er aus dem Schatten der klassisch-romantischen Dichter heraus, die ihm bisher das Licht nahmen.
Author(s): Jörg Drews (Hrsg.)
Edition: 2nd
Publisher: Aisthesis
Year: 2005
Language: German
Pages: 420
Vorwort
Sabine Kyora: „Sich zeigen, wie man ist?“ Seumes autobiographische Selbststilisierung
Rainer Baasner: Sich selber schreiben. Seumes Briefe, oder: Die höchst erfreuliche Vernachlässigung konventioneller Rücksichten
Martin Kagel: Wahrheit und Humanität. Über Männlichkeit und Menschlichkeit bei Johann Gottfried Seume
Georg Meyer-Thurow: Erfundene Geschichten aus Seumes Leben. Eine Anmerkung zur Monographie von Oskar Planer und Camillo Reißmann
Karl Wolfgang Biehusen: Kratzen am Mythos. Anmerkungen zur Rezeption Johann Gottfried Seumes
Jörg Drews: Was Johann Gottfried Seume las, als die Klassiker schrieben. Eine erste Skizze von Seumes Lesesozialisation und Lektüreschwerpunkten
Dirk Sangmeister: „Leute die viel wißen wollen auch manchmal zu viel beßer wißen.“ Johann Gottfried Seume als Lektor und Korrektor im Dienst von Georg Joachim Göschen
Ingrid Auerbach: Seume und die Hessen. Seume als Militär und sein gesellschaftliches Umfeld im Unabhängigkeitskrieg
Erhard Hexelschneider: Seume in russischen Diensten unter zwei Zaren
Wynfrid Kriegleder: Johann Gottfried Seume und die Autoren der Wiener Aufklärung: Retzer, Ratschky und andere
Alessandra Schininà: Seumes Spaziergang zwischen Literatur und Nacheiferung
Rupert Gaderer: J. G. Seume – J. C. Reinhart – C. L. Fernow: Rom, Blicke
Giuseppe Dolei: Seume und Sizilien
Mirella Carbone: Das Bild Siziliens in der deutschen Reiseliteratur
Irmgard Egger: Strategien inszenierter aisthesis. Johann Gottfried Seumes Spaziergang nach Syrakus
Albert Meier: Polemisches Reisen. Über die Unzuverlässigkeit von Johann Gottfried Seumes Beschreibung seiner Reise durch Italien und Frankreich
Marcel Mouseler: Seume in der Postkutsche zwischen Auxerre und Paris. Forschungsbericht. Eine Zwischenbilanz
Bärbel Raschke: Fürstin und Fußgänger. Die Italienreisenden Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach und Johann Gottfried Seume
Axel Dunker: „Urpatriarchalische Ausgelassenheit“. Johann Gottfried Seume und der Kolonialismus
Claudia Taszus: „Auf alle Fälle muß das anstößige Buch wahrhaft apokryph werden.“ Zur Zensurgeschichte der dritten (vermehrten) Auflage von Seumes Spaziergang nach Syrakus
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