∎ Im zweiten Karabach-Krieg vom Herbst 2020 vermittelte Russland einen Waffenstillstand und erweiterte seine militärische Präsenz im Südkauka-sus, indem es eine Friedenstruppe im restlichen Berg-Karabach stationier-te. In diesem Krieg hatten aserbaidschanische Streitkräfte die Südprovinz Karabachs und die zuvor von armenischen Truppen kontrollierten Terri-torien in dessen Umgebung eingenommen.
∎ Laut internationalen Beobachtern hat die Dominanz Russlands und der Türkei bewirkt, dass sich die geopolitischen Koordinaten im Kaukasus auf Kosten westlicher und globaler Akteure verlagerten.
∎ In Moskaus Perspektive besteht der Kaukasus aus Russlands Föderations-subjekten im Nordteil und seinem »nahen Ausland« im Südteil der Regi-on. Für seine Politik im Südkaukasus nutzte der Kreml ungelöste Territo-rialkonflikte als machtpolitische Hebel.
∎ Mit seiner Unterstützung für die von Georgien abtrünnigen Landesteile Abchasien und Südossetien will Moskau das am stärksten nach Westen ausgerichtete »nahe Ausland« bestrafen. Im Karabach-Konflikt dagegen war Russland trotz enger sicherheitspolitischer Verbindung mit Armenien auf Neutralität bedacht und stellte sich nicht grundsätzlich gegen west-liche Konfliktmediatoren im Verhandlungsrahmen der OSZE.
∎ Russlands Ordnungsmacht im Südkaukasus wird durch die enge mili-tärische Allianz der Türkei mit Aserbaidschan eingeschränkt. Auch Iran tritt verstärkt als Akteur in der Region auf. Das geopolitische Gewicht dort verschiebt sich zu den historischen Regional- und Großmächten.
∎ Globale und westliche Akteure sind aber noch nicht aus der Region ver-bannt. Der Karabach-Konflikt bleibt im Brennpunkt internationaler Politik. Das wurde sechs Monate nach Kriegsende offenbar, als die Grenz-konflikte zwischen Armenien und Aserbaidschan sich im Mai 2021 erneut zuspitzten.
Author(s): Uwe Halbach
Series: SWP Studie; 2021/10
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2021
Language: German
Pages: 38
City: Berlin
Tags: Russland, Außenpolitik, Georgien, Berg-Karabach, Türkei
5 Problemstellung und Schlussfolgerungen
7 Nord- und Südkaukasus: Russland zwischen »innerem« und »nahem Ausland«
9 »Peacekeeping« oder »Keeping in pieces«?
9 Abchasien: Russlands Vorposten an der südkaukasischen Schwarzmeerküste
11 Südossetien: Russlands Präsenz in der kleinsten Konfliktzone
12 Russlands Rolle im Konflikt um Berg-Karabach
18 Konkurrenz und Kooperation mit externen Akteuren im und um den Kaukasus
19 Die Türkei als Konkurrent und Partner
23 Iran als Partner im kaspischen Raum
25 »Der Westen« als der globale Gegenspieler? Die USA im kaukasisch-kaspischen Raum
27 Die EU: Integrationskonkurrent Russlands oder »great absentee« im Kaukasus?
29 Ökonomische und ideologische Einflusshebel Russlands
32 Ausblick
35 Abkürzungsverzeichnis