Erkundungen über Piero. Piero della Francesca, ein Maler der frühen Renaissance

Die Kunst Piero della Francescas(gest. 1492) ist ein Erzeugnis unseres Jahrhunderts: Lange unbeachtet, wurde sein Werk wiederentdeckt und bewundert, wo immer der Komplexität und der Sinnverwirrung im 20. Jahrhundert mit bewußter Reduktion, mit einer Sehnsucht nach dem Einfachen, Primitiven, mit griffigen Formeln oder mit trotziger Sachlichkeit begegnet werden sollte. In den zwanziger Jahren vor allem hat Pieros Werk eine vielseitige Wirkung entfaltet. Den nach-futuristischen Malern der »pittura metafisica« und der »valori plastici«, die in Deutschland in dem »Magischen Realismus« oder der »Neuen Sachlichkeit« ihr Pendant hatten, bot Piero Beschreibungshilfen des modernen Menschen: Gesichtslose, anonymisierte Figuren, die wie Dinge oder Automaten in einer leeren, vereinsamten Raum estellt waren. Roberto Longhi, der in Ginzburgs Text oft zitiert wird, hat als Freund von Carri und Morandi in seiner grundlegenden Monographie über Piero 1927 dieser Wahlverwandtschaft Ausdruck verliehen.