Seit dem 19. Jahrhundert übernehmen Nationalepen eine wichtige Funktion im kulturellen Haushalt fast jeder Nation – wie sich nicht zuletzt in den nach 1989 neu entstandenen Ländern (Mittel-)Osteuropas eindrücklich bestätigt hat. Installiert worden ist das nationalepische Programm von der deutschen Romantik, insbesondere von Jacob und Wilhelm Grimm. Die in diesem Band versammelten Aufsätze analysieren die Entstehung, die Vernetzung und die Rezeption von europäischen Nationalepen. Ausgehend von einem weiten Epos-Begriff wenden sich die Beiträge solchen Texten zu, die für die Nationsbildung konstitutive Bedeutung erhalten sollten, wie den Isländersagas, dem "Nibelungenlied", den "Poems of Ossian", den "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm, Schillers "Wilhelm Tell", Božena Němcovás "Babička", Esaias Tegnérs Versepos "Frit(h)iofs saga", dem finnischen Nationalepos "Kalevala" und dem estnischen Nationalepos "Kalevipoeg".
Author(s): Heinrich Detering, Torsten Hoffmann, Silke Pasewalck, Eve Pormeister (Hg.)
Series: Humaniora: Germanistica, 5
Publisher: Tartu University Press
Year: 2011
Language: German
Pages: 322
Heinrich Detering, Torsten Hoffmann, Silke Pasewalck, Eve Pormeister: Nationalepen zwischen Fakten und Fiktionen. Zur Einführung 9
Thomas Taterka (Riga): Die Nation erzählt sich selbst. Zum europäischen Nationalepos des 19. Jahrhunderts 20
Hans Graubner (Göttingen): Epos, Volksepos, Menschheitsepos – zum Epos-Konzept bei Herder 73
Barbara Schaff (Göttingen): Vom vielgelesenen zum ungelesenen Text: Ossians Vermächtnis in der schottischen Kultur 93
Heinrich Detering (Göttingen): Das Nationalepos im Kinderzimmer: Die "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm 114
Silke Pasewalck (Tartu): Schillers "Wilhelm Tell" – ein Schweizer Nationalepos? 127
Karin Hoff (Göttingen): Erzählung als Erinnerung: Die Bedeutung der Isländersagas für das "nation building" (nicht nur) in Island 150
Esbjörn Nyström (Tartu/Stockholm): "Frit(h)iofs saga" – ein schwedisches Nationalepos zwischen Esaias Tegnér und Selma Lagerlöf 169
Zuzana Stolz-Hladká (Göttingen/Konstanz): Identitätskonstruktionen in der tschechischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Der Entwurf einer nationalen Identität durch Sprache und Literatur 191
Christian Niedling (Helsinki): Helden wie wir? Die Rezeption von "Kalevala" und "Nibelungenlied" als Nationalepen im 19. Jahrhundert 212
Torsten Hoffmann (Frankfurt a. M.): Letzte Tage der Männlichkeit. Die Nibelungen in Heiner Müllers "GERMANIA"-Dramen 232
Eve Pormeister (Tartu): Das estnische Epos "Kalevipoeg" in der Spannung zwischen Nationalepos und Menschheitsepos. Eine Interpretation der Höllenfahrtszenen 256
Mari-Ann Palm (Tartu): Fr. R. Kreutzwald als zeitkritischer Beobachter. Anhand seiner Beiträge in der Wochenschrift "Das Inland" 280
Marin Laak und Piret Viires (Tartu/Tallinn): Das estnische Epos "Kalevipoeg" und seine Rezeption in Kultur und Literatur 295
Angaben zur Person 319