Zerstörung von Geschriebenem: Historische und transkulturelle Perspektiven

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Schrifttragende Artefakte sind einer Vielzahl von Praktiken ausgesetzt, durch die sie in der einen oder anderen Form beschädigt werden. Dabei können die Absichten, Hintergründe und Kontexte dieser Praktiken stark variieren, sodass durch die Zeiten hindurch in verschiedenen kulturellen Kontexten, Situationen und Diskursen vielfältige Ausprägungen zu beobachten sind. Solche Fälle sind keineswegs darauf beschränkt, Missbilligung gegenüber Inhalten oder Autoren auszudrücken oder das Andenken an Personen auszulöschen. Anhand von detailliert aufgearbeiteten Fallbeispielen, die vom antiken Ägypten, Mesopotamien und dem Mittelmeerraum über das alte China, das europäische Mittelalter und die Neuzeit sowie islamische Traditionen bis zum heutigen Bali reichen, werden verschiedene Facetten der unterschiedlichen Praktiken und ihrer Motivationen erarbeitet und eine übergreifende Systematik entwickelt. Ziel ist es, eine an praxeologischen Kriterien orientierte Phänomenologie von Schriftzerstörung aufzustellen. Das Hauptaugenmerk liegt auf Praktiken in non-typographischen Gesellschaften, also in Kulturen, in denen Schriftdokumente nicht mittels Buchdruck und vergleichbaren Verfahren fast beliebig vervielfältigt, sondern von Hand einzeln angefertigt wurden.

Author(s): Carina Kühne-Wespi, Klaus Oschema, Joachim Friedrich Quack (eds.)
Series: Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 933. Materiale Textkulturen, 22
Publisher: Walter de Gruyter
Year: 2019

Language: German, English
Pages: VI+460
City: Berlin

Carina Kühne-Wespi, Klaus Oschema, Joachim Friedrich Quack / Zerstörung von Geschriebenem. Für eine Phänomenologie des Beschädigens und Vernichtens 1
Damnatio memoriae
Joachim Friedrich Quack / 'Lösche seinen Namen aus!' Zur Vernichtung von personenreferenzierter Schrift und Bild im Alten Ägypten 43
Ulrike Ehmig / Rasuren in lateinischen Inschriften. Beobachtungen zu ihrer Verbreitung und ihrem nicht-öffentlichen Gebrauch 103
('Massenhafte') Zerstörung von Büchern
Georges Declercq / The Medium and the Message. The Public Destruction of Books and Documents in the European Middle Ages 123
Marco Mostert / Between Carelessness and Wilful Destruction. The Demise of Texts and Their Manuscripts in the Medieval West 149
Christophe Vuilleumier / From Censorship to Taboos in the 19th and 20th Centuries 167
Enno Giele / Von Autodafé bis Rasur. Aspekte der Zerstörung von Geschriebenem und das Beispiel China 179
Zerstörung von Geschriebenem im administrativen Kontext
Jannik Korte / Zerreißen, Durchstreichen, Auswischen. Zerstörung von demotischen (und einer abnormhieratischen) Rechtsurkunden 229
Konrad Knauber / Zerschlagene Siegel im mittelalterlichen Totenkult – vom 'Altmetall' zum Symbolakt 261
Magisch-rituelle Auslöschung
Adrian C. Heinrich / Durchlöchert, verbrannt, begraben. Zur Zerstörung beschrifteter Figurinen in therapeutischen Ritualen aus Mesopotamien (1. Jahrtausend v. Chr.) 287
Annette Hornbacher / Schriftverbrennung als kosmologische Realisierung. Eine balinesische Perspektive auf die Handlungsmacht von Schrift 315
Einverleibung von Schrift
Carina Kühne-Wespi / Papyrus trinken und Hieroglyphen essen. Praktiken der Schriftverinnerlichung im pharaonischen Ägypten 341
Katherine Storm Hindley / Eating Words and Burning Them. The Power of Destruction in Medieval English Charm Texts 359
Katharina Wilkens / Text als Medizin. Ablöschen und Trinken koranischer Verse als therapeutische Praxis 373
Zerstörung von Geschriebenem als literarisches Motiv
Gereon Becht-Jördens / Die verlorene Handschrift. Zum Motiv von Zerstörung, Verlust und Wiederauffindung als Strategie der Traditionssicherung in der lateinischen Literatur des Mittelalters 393
Vorstellung der Autorinnen und Autoren 437
Index 441