Im Mittelalter prägten rituelle Kommunikationsformen den öffentlichen Umgang der Mächtigen miteinander. Lange hat man solche Art von Kommunikation als starres Zeremoniell oder leeres Ritual beiseite geschoben. Gerd Althoff schreibt anhand konkreter Fälle (z.B. Rituale beim Sturz des Bayernherzogs Tassilo oder die Selbstdemütigung Heinrichs IV.) die Geschichte dieser Kommunikation und setzt sie in Beziehung zur Geschichte mittelalterlicher Herrschaft. Mit seiner Sicht von der bewussten Konstruktion der Rituale und ihrer beabsichtigten Wirkung bietet er eine überzeugende Erklärung für ihre Funktion. Durch öffentliche Rituale erhielt eine rangbewusste Gesellschaft alle Informationen, die für eine geregelte Herrschaftsausübung nötig waren. Rituale informierten über Rechte und Pflichten, signalisierten den Zustand von Beziehungen und spiegelten die bestehende Ordnung wider. Ein innovativer Zugriff, der für das moderne Mittelalterverständnis unverzichtbar ist.
Author(s): Gerd Althoff
Edition: 2. Auflage
Publisher: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Year: 2012
Language: German
Pages: 256
City: Darmstadt
Vorwort 7
1. Einleitung 9
1.1. Das Thema 9
1.2. Begriffliche Annäherungen 10
1.3. Machtausübung im Mittelalter im Verständnis moderner Forschung 14
1.4. Beratung und Konsens und ihre Folgen für die Königsmacht 16
1.5. Kommunikation und Ritual 18
1.6. Besondere Domänen und spezifische Leistungen ritueller Kommunikation im Mittelalter - Ausgangspunkte 22
1.7. Wie entstehen Rituale? Oder: Die Geschichtlichkeit der Rituale 26
1.8. Leitfragen 28
II. Die Ritualisierung der Herrschaftsausübung im Frühmittelalter 32
II.1. Bescheidene Anfänge in der Merowingerzeit 32
II.2. Rituale in der öffentlichen Kommunikation der Karolingerzeit: Aspekte und Probleme eines Lernprozesses 38
II.2.1. Die Begegnungen von Päpsten mit Karolingern 41
II.2.2. Rituale beim Sturz des Bayernherzogs Tassilo 53
II.2.3. Rituelle Ausdrucksformen der Entmachtung Ludwigs des Frommen und seiner Restitution 57
II.2.4. Rituelle Interaktion zwischen Karolingern und ihren Vasallen 64
II.2.5. Zusammenfassung 66
III. Die Ausbreitung ritueller Verhaltensmuster im 10. und 11. Jahrhundert 68
III.1. Konfliktbeendigung durch rituelle Akte 68
III.2. Rituelle Ausdrucksformen für Ansprüche und Verpflichtungen 84
III.2.1. Verbindliche "Aussagen" der Herrscher durch symbolische Handlungen 85
III.2.2. Symbolische Dienste der Vasallen 92
III.2.3. Symbolische Artikulation umstrittener Ansprüche 96
III.3. Formen königlicher Selbstdemütigung 104
III.3.1. Selbsterniedrigung gegenüber den himmlischen Machten 106
III.3.2. Demonstrative Selbsterniedrigung in der politischen Auseinandersetzung 119
III.3.3. Selbstdemütigungen Heinrichs IV. 125
III.4. Zusammenfassung 130
IV. Herrschaftsrituale im 12. Jahrhundert 136
IV.1. Neuschöpfungen nach Canossa: Rituelle Handlungen bei Papst-Kaiser-Begegnungen 137
IV.2. Zwischen Milde und Strenge: Unterwerfungsrituale in der Stauferzeit 145
IV.3. Agonale Aspekte in Ritualen der Stauferzeit 160
IV.4. Zusammenfassung 168
V. Ausblicke ins Spätmittelalter 170
V.1. Der Einritt des Landesherrn und die Huldigung der Untertanen 171
V.2. Symbolische Ausdrucksformen der Kurfürstenwürde 177
V.3. Unterwerfungsrituale im Spätmittelalter 181
VI. Zusammenfassung 187
VI.1. Die "Gemachtheit" der Rituale 189
VI.2. Die Geschichtlichkeit der Rituale 195
VI.3. Die Macht der Rituale 199
Anmerkungen 205
Quellen- und Literaturverzeichnis 229
Register 253