Die USA sehen sich durch China und Russland herausgefordert und in
ihrem Führungsanspruch bedroht. Beide gelten als »revisionistisch« und
als Mächte, die die internationale Ordnung zu ihren Gunsten zu verändern
suchen. Und beide Mächte beanspruchen eine eigene Interessensphäre.
Dies läuft dem traditionellen geopolitischen Kerninteresse der USA zuwider:
zu verhindern, dass eine oder mehrere feindliche Großmächte die Kontrolle
über die Ressourcen Eurasiens gewinnen.
In einer Welt wachsender Machtkonkurrenzen wollen die USA erklärtermaßen
ihre militärische Überlegenheit bewahren. Doch das Streben, ihre
militärische Superiorität aufrechtzuerhalten, birgt Risiken: Es könnte
das Sicherheitsdilemma im Verhältnis der USA zu Russland und zu China
verschärfen, in der Folge eine Konfliktspirale antreiben und zur Verfestigung
von Konfliktformationen beitragen.
Geopolitisch begründete Interessen sind mit dem Risiko eines Krieges
behaftet. Damit ändert sich auch der Stellenwert nuklearer Abschreckung.
Nukleare Abschreckung beruht im amerikanischen Denken, wie es sich in
der »Nuclear Posture Review« vom Februar 2018 manifestiert, auf der Fähigkeit,
im Falle eines Konflikts über eine große Bandbreite abgestufter und
flexibel nutzbarer nuklearer Optionen zu verfügen, darunter den Einsatz
von Atomwaffen mit relativ geringer Sprengkraft. Die USA werden zusehends
vor der Herausforderung stehen, im Interesse globaler Kooperation
und der Vermeidung eines Kriegsrisikos eine geopolitische Verständigung
mit China und Russland zu suchen.
Author(s): Peter Rudolf
Series: SWP Studie; 2018/6
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2018
Language: German
Pages: 30
City: Berlin
Inhalt
US-Geopolitik und nukleare Abschreckung in der Ära neuer Großmachtrivalitäten
Beginn einer neuen Ära der Weltpolitik
Die Wiederbelebung geopolitischen Denkens
Die Bewahrung militärischer Überlegenheit
Die Renaissance nuklearer Abschreckung
Geopolitische Verständigung oder verschärfte Machtrivalität
Perspektiven