In spätrömischer Zeit, die oft als Epoche der Völkerwanderung gilt, wurde die Provinz 'Maxima Sequanorum' geschaffen. Auf ihrem Gebiet finden sich zahlreiche Mauern von Befestigungen, zum einen im Norden am Oberrhein sowie am Hochrhein zwischen Basel und Bodensee, zum anderen auch südlich von dieser Linie. Schon seit dem 18. Jahrhundert hat man die spätrömischen Ruinen von Wachtürmen, Kastellen und Stadtmauern archäologisch untersucht. Oft sind sie restauriert worden. Sie gelten als interessant, finden sich in den Inventaren der Denkmalpflege, sind Ausflugsziele und werden für Besuche empfohlen. Doch: Was haben die Römer mit ihnen bezweckt? Was ist ihre geschichtliche Bedeutung?
Mauern sind stumm. Antworten suchen die Historiker Nikolas Hächler und Beat Näf sowie der Archäologe Peter-Andrew Schwarz deshalb in Textzeugnissen aus dem Altertum. Was überliefern sie z.B. über die Aufgaben und die Verwendung dieser Anlagen? Lassen sich die Absichten benennen, welche zu ihrem Bau geführt haben? Wozu dienten die Fortifikationen? Und sind sie der römischen Politik und ihren Zielen tatsächlich auch dienlich gewesen? Wie sind die Mauern wahrgenommen und beurteilt worden?
Um diese Fragen zu beantworten, schauen die Autoren auch auf den Gesamtraum des späten 'Imperium Romanum'. Anhand der Auswertung von schriftlichen und archäologischen Quellen versuchen sie insbesondere herauszuarbeiten, was die strategische Funktion der Befestigungen gewesen ist.
Author(s): Nikolas Hächler, Beat Näf, Peter-Andrew Schwarz
Publisher: Verlag Schnell & Steiner
Year: 2020
Language: German
Pages: 382
City: Regensburg
Einleitung 11
A. Ruinen spätrömischer Befestigungen in der Provinz 'Maxima Sequanorum' und ihre Bedeutung. Grundsätzliches zur vorliegenden Testimoniasammlung 11
B. Römische Mauern als historische Monumente – moderne Wahrnehmungen 21
Zur Wissenschaftsgeschichte 26
Gehütete Ruinen und Geschichtsbilder 31
C. Mauern und Geschichte in der Antike 42
D. Die Ruinen der römischen Befestigungen am 'Hochrhein' und die Geschichtsschreibung und Forschung des 19./20./21. Jahrhunderts 42
E. Zur modernen Präsenz der spätrömischen Befestigungen 56
Zum Stand der Forschung 59
Zum Charakter der Grenze und der Erinnerung an sie 65
1. Römische Strategie 66
A. Militärisch relevantes Wissen bei antiken Fachschriftstellern und in der antiken Literatur 70
Vitruv 71
Frontin 75
Pseudo-Hyginus, 'De munitionibus castrorum' und die Frage nach der Standardisierung und Typologie von Befestigungen 75
Prokop 77
Anonymus Byzantinus 78
'Scientia militaris': Ammian, 'Anonymus de rebus bellicis', Vegetius, geographisches, ethnographisches und administratives Wissen 79
Geographisches, ethnographisches und administratives Wissen 83
B Der Kaiser in Aktion 91
Gesetzestexte 91
Befestigungen auf Bildern, Mauern als Symbol 91
Das Auftreten der Kaiser 93
2. Limites, Strategie und Kriegschauplätze in der Kaiserzeit 95
A. Die Alemannen und die Rheingrenze 101
B. Kaiser Gallienus und der Alemannensturm 104
C. Die 'Historia Augusta', spätrömische Geschichtserinnerung und die Militarisierung seit dem 3. Jahrhundert 108
3. Die Erneuerung des Kaisertums durch die Tetrarchie 117
A. Diokletian und Maximian 117
Die Anwesenheit des Kaisers am Rhein. Überquerungen. Brückenköpfe 120
B. Constantius und Maximian 122
Neue Befestigungen, 'legio I Martia' 128
302 Alemannenschlacht bei Vindonissa 132
C. Constantin 133
Alemannensieger, Erfolge am Rhein und im Süden Galliens – religiöse Verklärung des erfolgreichen Herrschers 134
Die fragwürdige Kritik des Zosimos an Constantin 136
Wirken Constantins am Hochrhein-Limes – ein Wachturm und das 'horreum' in Rheinfelden-Augarten West 139
Constantin als Reformer 141
Constantin und die neue 'fides exercitum' 145
Die Reformen der Tetrarchen und das Gebiet zwischen Alpen und Rhein 149
4. Strategie, Verwaltung, Versorgung und Militär-, Provinz- und Truppen organisation 150
A. Organisation des Gebietes. Strategisches Handeln, Erinnerung und Reform 151
B. Die 'Maxima Sequanorum' und ihre Truppen 157
Weitere Truppen, Bodenseeflotte, Schiffe 160
Gallienarmee 162
Verwaltung und Logistik 163
C. Folgen für das Operative 164
Zangenangriffe 164
Befestigungen, römische und germanische Besatzungen, Waffen 164
D. Das Verhältnis zu den 'Barbaren' 175
E Kaisertum und Religion 176
Loyalitätsfragen – der Streit um die 'fides' 178
5. Neue Bürgerkriege nach dem Tode Constantins: Der Silberschatz von Kaiseraugst und das Ringen um legitime Herrschschaft 179
6. Die Usurpation des Magnentius und das geplünderte Kaiseraugst 183
7. Constantius II. 187
A. Zu den Quellen: Ammian und Julian 188
Gallien und die Alemannen bei Ammian und Julian 189
B. Constantius schliesst 354 bei Kaiseraugst Frieden mit den Alemannen und wird 'Alamannicus Maximus' 194
C. Ein weiterer Alemannenfeldzug: 355 gegen die Lentienser am Bodensee und am Rhein 199
D. Eine weitere Usurpation und ein neuer Caesar für den Westen: Silvanus 200
Heermeister und Prätorianerpräfekten unter Constantius II. und Julian 201
Heermeister 201
Prätorianerpräfekten 201
8. Julian 202
A. Die Erhebung Julians zum Caesar und die Strategie des Constantius 202
B. Julian und seine Vorstellungen 205
C. Feldherr und Herrscher in Gallien 208
D. Constantius und Julian: gemeinsame Feldzüge gegen die Alemannen 212
Julian 356 in Gallien 212
Die gemeinsamen Feldzüge der beiden Herrscher im Jahr 356 212
357: Kaiseraugst und der gescheiterte Zangenangriff Julians mit Barbatio 214
E. Julian profiliert sich – der Sieg von Strassburg im August 357 216
F. Julians Strategie und Kriegführung von Paris aus (357–360): Stärkung von Städten, Kastellen und Infrastruktur – aggressive Germanen- und Alemannenpolitik 217
G. Auf dem Wege zum Bürgerkrieg mit Constantius: Von Paris (359) nach Vienne (360) und Kaiseraugst (361) 220
Strategie und Misstrauen 220
Der Usurpator Julian 221
Vadomar 223
Julians Rede in Kaiseraugst 226
9. Valentinian und die Fortsetzung und Verfestigung der Alemannenpolitik (364–375) 231
A. Valentinian und Valens: Das Heer und das Kaisertum 231
Valentinians Rede an die Soldaten – ein Programm für ein neues Kaisertum 232
Etablierung einer Dynastie und Begründung des Kindkaisertums: Valentinians Rede bei der Kaiserernennung Gratians (367) 234
Absprachen zwischen Valentinian und Valens 235
Heermeister, Residenzen 235
Fortsetzung der Politik des Julian und des Constantius? 236
Misserfolge aggressiver Alemannenpolitik 240
B. Panegyriken des Symmachus 368/69 und 370 – Dichtungen des Ausonius: Der Rhein und die Befestigungen künden vom römischen Erfolg 244
C. Bau von Befestigungen 246
Festungsbau im Gebiet des Hochrheins und der rückwärtigen Gebiete 249
Koblenz, Lokalität: Kleiner Laufen (Nr. 27) 256
Etzgen, Lokalität: Rote Waag (Nr. 18) 258
Magidunum 260
Balsthal: 'Tungrecani seniores' 261
Wirkungen des Befestigungsbaus 261
D. Valentinian zieht nach Illyrien – Bau der Festung Robur in der Nähe von Basel 263
Die Quaden und der Tod Valentinians 265
10. Von Gratian zu Theodosius 267
A. Gratian und die Alemannen im Jahr 378 268
B. Die Niederlage von Adrianopel (378) und die Folgen 271
C. Die Usurpation des Magnus Maximus 275
D. Die Usurpation des Eugenius und die Alemannen 276
E. Strategische Grundprobleme 277
Die 'Passio Acaunensium martyrum' als Antwort auf Probleme der Zeit 278
11. Der Fall Roms und die Folgen: Vom Kindkaiser Honorius zu den Burgundern 281
A. Honorius, Stilicho und die Auswirkungen der Völkerwanderung bis 410 282
B. Sorge um die Rheingrenze in der Zeit des Kaisers Honorius (395–423) 284
C. Von der 'Maxima Sequanorum' zur 'Burgundia' 288
Aëtius 288
Die Burgunder im 4. Jahrhundert 290
Vom Mittelrhein in die 'Sapaudia': Das zweite Burgunderreich 292
D. Römische Strategie, burgundisches Königtum und Heiligenkult in einstigen spätrömischen 'castra' 300
Burgund und die einstige 'Maxima Sequanorum' im Merowingerreich 302
E. Spätrömische Militärverteidigung und hagiographische Erinnerung im Kontext: Ausblick auf den heiligen Severin und die Kastelle an der Donau 309
Schluss / Ausblick 312
Verzeichnis der Karten und Abbildungen 317
Wichtigste Testimonia im Überblick 321
Bibliographie 325
Quellen (verwendete Ausgaben und Übersetzungen) 325
Quellen- und Testimoniasammlungen 334
Literatur (mit verwendeten Kurztiteln und Abkürzungen) 335
Fundorte und Literatur 348