Ein Präsidialsystem »türkischer Art« : Konzentration der Macht auf Kosten politischer Gestaltungskraft

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Das neue Präsidialsystem in der Türkei ist für seine Verfechter der Schlüssel, um alle Probleme des Landes zu lösen – ob es um die endgültige Überwin-dung bürokratischer Vormundschaft über die gewählte Regierung geht oder um eine Verkürzung der Entscheidungswege, die eine effektive Wirtschafts-politik ermöglichen soll. Doch bietet das System tatsächlich die Grundlage dafür, dass die Türkei innenpolitisch zur Ruhe kommt? Garantiert es wirk-lich mehr Stabilität, und eröffnet es so die Chance, allmählich zu demo-kratischen Reformen zurückzukehren? Schafft es vielleicht sogar die Bedin-gungen dafür, den EU-Beitrittsprozess des Landes wieder aufzunehmen, wie es die türkische Regierung in den letzten Wochen und Monaten verkündet hat? Pragmatiker hoffen darauf, dass Präsident Erdoğan sich bereits nach den nächsten Wahlen seiner Macht vollkommen sicher sein und deshalb zu einer gemäßigten Politik zurückkehren werde. Denn nach den Kommunal-wahlen, die für den 31. März 2019 angesetzt sind, habe die türkische Regierung fast fünf Jahre ohne Urnengänge vor sich und könne deshalb erneut Reformpolitik betreiben. Doch wie ist es um die Reformfähigkeit der Türkei bestellt, wenn die Konzentration aller Macht in den Händen des Staatspräsidenten dessen politischen Spielraum gar nicht erweitert, sondern im Gegenteil beschränkt? Wenn die Sicherung der eigenen Kontrolle mit dem Verlust politischer Gestaltungskraft erkauft wird? Wenn nur der Schulterschluss mit Kräften, die jegliche Reformagenda ablehnen, das Monopol der Macht erhält? Vieles spricht dafür, dass genau damit die heutige Situation in der Türkei um-schrieben ist.

Author(s): Günter Seufert
Series: SWP Studie; 2019/4
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2019

Language: German
Pages: 40
City: Berlin
Tags: Türkei

5 Problemstellung
7 Das Präsidialsystem: Gestalt, politischer Charakter und erste Auswirkungen
7 Politische und ideologische Hintergründe der Verfassungsänderung
9 Das Verhältnis der Gewalten zueinander
10 Ausbau und Struktur der Exekutive
13 Die Regierungspraxis unter dem Präsidialsystem
21 Das Schicksal der Regierungspartei unter dem Präsidialsystem
21 Ernüchterung in den Reihen der AKP
23 Schleichende Abwanderung der Wählerschaft
23 Konservative Kritik an der Politik der letzten Jahre
25 Degradierung der AKP zur Wahlkampfmaschine des Präsidenten
26 Ein neuer Machtfaktor: Die Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP)
26 Vom Gegner zum Ermöglicher des Präsidialsystems
27 Die Bedrohungswahrnehmung
28 Politisch-ideologisches Kräftemessen
30 Der lange Schatten Atatürks
32 Schlussfolgerungen und Empfehlungen
34 Reaktionen von europäischen Institutionen und EU-Staaten
35 Kaum Grundlagen für eine Politik jenseits von Transaktionalismus
37 Abkürzungsverzeichnis
37 Literaturhinweise