∎ Durch das gesteigerte gesellschaftliche Schutzbedürfnis infolge der Corona-Pandemie ist »Resilienz« auch zum wirtschaftspolitisch strategi-schen Leitgedanken der EU avanciert. Allerdings fehlt eine klare Idee, wie sie sich in der Praxis operationalisieren lässt.
∎ Der wissenschaftliche Resilienzbegriff betont die Fähigkeit von Systemen, auf ganz unterschiedliche und vor allem unerwartete Krisen flexibel zu reagieren, sie abzufedern, sich davon zu erholen und daraus zu lernen.
∎ Bisherige Krisenmechanismen in wirtschaftlich relevanten Feldern wie der Rohstoff-, Arzneimittel-, Handels- oder Investitionsschutzpolitik zielen hauptsächlich auf die eigene Versorgungssicherheit ab.
∎ Ein verengter Fokus auf Versorgungsaspekte im heimischen Markt birgt beträchtliche ökonomische Risiken, wie das Beispiel der EU-Ernährungs-sicherung belegt. Lange genutzte Maßnahmen wie die Reservehaltung, subventionsgesteuerte Produktionsanreize oder eine Marktabschottung durch Zölle vermindern die Flexibilität des Systems. Zudem gehen sie mit Spill-over-Effekten auf andere Länder einher, die kontraproduktiv für die internationale, aber auch die eigene Versorgungssicherung sein können.
∎ Wirtschaftspolitische Akteure benötigen ein moderneres Verständnis von Resilienz, das die Interdependenz von Krisen und Märkten mit in den Blick nimmt.
∎ Für künftige Resilienzstrategien lässt sich an Ansätze anknüpfen, die im Ernährungssektor gerade angesichts negativer Erfahrungen im Laufe der Zeit entwickelt wurden. Hierzu zählen das internationale Agricultural Market Information System ebenso wie Instrumente der Subventions-evaluierung von OECD und WTO.
Author(s): Bettina Rudloff
Series: SWP Studie; 2022/1
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2022
Language: German
Pages: 40
City: Berlin
Tags: Europäische Union, Wirtschaftspolitik
Problemstellung und Empfehlungen
Resilienz in Theorie und Politik
Der Resilienzbegriff in den Wissenschaften
Begrenzte Anwendungskonzepte für die Politik
Resilienzbezüge in ausgewählten EU-Politikfeldern
Katastrophenschutz und Schutz kritischer Infrastrukturen
Handelspolitik
Energie, Rohstoffe, Arzneimittel und umfassende Industrieansätze
Investitionsregeln
Binnenmarkt, Beschaffungs- und Beihilfenpolitik
Agrarpolitik
Synopse: Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Resilienzverständnis relevanter Politikbereiche
Das Beispiel Ernährungssicherung: Effekte und Folgen einschlägiger Maßnahmen der EU
Produktionsanreize, Marktinterventionen und Handelsabschottung
Vorratshaltung: Markt- und Krisenreserven
Der internationale Blick: Globales Monitoring und Evaluierung von Spillover-Effekten
»Neuer« Krisenschutz: Der EU-Notfallplan für Ernährungssicherheit
Synopse: Effekte und Risiken der Maßnahmen zur Versorgungssicherung
Schlussfolgerungen für künftige Resilienzstrategien
Resilienzverständnis kontinuierlich klären und operationalisieren
Einzubindende Akteurs- und Regulierungsebene abwägen
Fallstricke und Folgeeffekte aus verengtem Resilienzverständnis vermeiden
An bewährte Ansätze anknüpfen
Abkürzungsverzeichnis
Literaturhinweise