Diplomatische Praktiken findet man sowohl in der modernen Weltgesellschaft als auch in Stammes- und Adelsgesellschaften. Dieses Buch untersucht und vergleicht sie erstmals systematisch aus soziologischer Perspektive. Im Mittelpunkt steht dabei die These, dass die Hauptbedingung jeder Diplomatie in der Anerkennung von Grenzen liegt. Darüber hinaus werden auch unkonventionelle Fragen beantwortet: Wie verhandelt man etwa mit rituellen Artefakten oder mit diplomatischen Hochstaplern? Kann Unhöflichkeit diplomatische Autonomie steigern? Und wie ermöglicht Spionage vertrauensvolle Diplomatie?
Author(s): Ramy Youssef
Series: Studien zur Weltgesellschaft – World Society Studies
Edition: 1
Publisher: Campus
Year: 2021
Language: German
Pages: 491
City: Frankfurt
Inhalt
Lettre de créance
Teil I: Zu einer allgemeinen Soziologie der Diplomatie
1 Diplomatische Kommunikation im und als System
2 Zur Funktion der Diplomatie
Teil II: Diplomatie in segmentären Gesellschaften
3 Zur Binnendifferenzierung segmentärer Gesellschaften
4 Reziprozität und die Anerkennung von Grenzen
5 Sachdimension: Verwandte als Gesandte
5.1 Zur Ubiquität diplomatischer Probleme
5.2 Zur Rekrutierung von Boten und Rednern
5.3 Diplomatische Kommunikation als Netzwerkproblem
6 Zeitdimension: Typisierungen des Vertrauten und Fremden
6.1 Vertrautheit als zeitlicher Generalisierungsmodus
6.2 Übergänge zwischen Kriegs- und Verhandlungsphasen
6.3 Zur Gegenwartsorientierung diplomatischer Interaktionen
7 Sozialdimension: Konfliktvermeidung als Problem
7.1 Bedingungen der Konfliktvermeidung
7.2 Don’t kill the messenger! Zurechnungen von Verantwortung
7.3 Polyphonie und Ambivalenz als Ausdrucksmittel
Teil III: Diplomatie in stratifizierten Gesellschaften
8 Die Grenzen stratifizierter Gesellschaften
8.1 Fremdheit in stratifizierten Gesellschaften
8.2 Fremdheit in diplomatischen Interaktionen
8.2.1 Kosmologische Widersprüche und Ambivalenzen
8.2.2 Ähnlichkeiten als produktive Missverständnisse
8.2.3 Exkurs zu »falschen« Gesandtschaften
9 Zur Binnendifferenzierung stratifizierter Gesellschaften
9.1 Rang und Status in stratifizierten Gesellschaften
9.2 Bindung trotz Abwesenheit
10 Sachdimension: Diplomatische Rollen und Kontaktebenen
10.1 Zur Differenzierung diplomatischer Kontaktebenen
10.2 Kontexte diplomatischer Kommunikation
10.2.1 Herrschaftsrollen als diplomatischer Kontext
10.2.2 Dynastische Systeme als diplomatischer Kontext
10.2.3 Das Botenwesen als diplomatischer Kontext
10.2.4 Militär, Wirtschaft und Religion als diplomatische Kontexte
11 Zeitdimension: An- und Abwesenheit als Zeitproblem
11.1 Zeitstrukturen und -semantiken stratifizierter Gesellschaften
11.2 Zeremoniell und Ritual im diplomatischen Zeithaushalt
11.3 Diplomatische Zeitbindungen: Geschichten und Verträge
11.4 Diplomatisches Vertrauen und Misstrauen als Zeitproblem
12 Sozialdimension: Höfische als höfliche Kommunikation?
12.1 Der distanzierte Gesandte als Unsicherheitsfaktor
12.2 Der ideale Gesandte als Unsicherheitsfaktor
Teil IV: Diplomatie in der Weltgesellschaft
13 Zur Soziologie der modernen Weltgesellschaft
13.1 Die Grenzen der Weltgesellschaft: Globale Erreichbarkeit, normalisierte Fremdheit
13.2 Funktionen, Segmente und Klassen
13.3 Das politische System der Weltgesellschaft
14 Sachdimension: Code, Programme, Subsysteme
14.1 Codierung und Programmierung der Diplomatie
14.2 Subsysteme: Bi- und multilaterale Diplomatie, internationale Verwaltung, Publikum
14.2.1 Das System der bi- und multilateralen Diplomatie
14.2.2 Das System der internationalen Verwaltung
14.2.3 Das Publikum der Diplomatie: Prinzipale und Projektionen
14.3 Diplomatische Interaktionen in der Weltgesellschaft
14.4 Diplomatische Organisationen
14.4.1 Zur Selbstkonditionierung diplomatischer Organisationen
14.4.2 Der diplomatische Dienst als Familienbetrieb?
14.4.3 Diplomatische Grenzstellen
15 Sozialdimension: Verhandlungsmacht
15.1 Macht als politisches Erfolgsmedium
15.2 Souveränität als Kontingenzformel
15.3 Der Diplomatie-Code in Verhandlungen und Verfahren
16 Zeitdimension: Zeithaushalt und Gedächtnis der Diplomatie
16.1 Die Zeit als Sonderhorizont der modernen Gesellschaft
16.2 Autonomieverlust durch Telekommunikation?
16.3 Diplomatische Eigenzeit: Vertrauen und Geheimhaltung
16.3.1 Vertrauen und Geheimhaltung in diplomatischen Grenzsystemen
16.3.2 Diplomatische Äquivalente persönlichen Vertrauens
16.3.3 Exkurs: Vertrauen, Misstrauen und die Differenzierung diplomatischer und geheimdienstlicher Grenzstellen
16.4 Das Völkerrecht als Gedächtnis der Diplomatie
Acte final: Diplomatie und Soziologie an ihren Grenzen
Literatur
Index