Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte. Vom kirchlichen Index zur YouTube-Löschung
Über den Autor
Hannes Hofbauer, geboren 1955 in Wien. Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der
Universität Wien. Publizist und Verleger. Zuletzt sind von ihm im Promedia Verlag erschienen:
»Hannes Hofbauer - Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert« sowie »Hannes Hofbauer - Europa – ein Nachruf«.
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Vorwort
Verlorenes Vertrauen mit Zwangsmaßnahmen zu kompensieren, gehört zu den ältesten
Herrschaftstechniken, deren sich Kirchenhäupter und Monarchen ebenso bedienten wie es
Regierungen und führende Medienhäuser unserer Tage tun. Den Verlust einer gewohnten
Diskurshegemonie beantworten sie dann mit Publikationsverboten. Betroffen sind Positionen,
die das herrschende Narrativ in Frage stellen und gleichzeitig das Potenzial einer weiten
Verbreitung besitzen. In genau einer solchen Situation befinden wir uns.
Die Wiederkehr der Zensur wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums.
Im Niedergang kämpft das Establishment um seine Daseinsberechtigung. Je erfolgreicher
Gegenöffentlichkeit hergestellt werden kann, desto aggressiver wird ihr von Brüssel oder Berlin
begegnet. Staatliche Wahrheitswächter und kalifornische Medienmonopole haben eine neue,
gemeinsame Praxis des Löschens und Sperrens von Inhalten entwickelt, für die sie einander
gegenseitig die Verantwortung zuspielen; wir erleben die Zensurpraxis des post-industriellen,
digital-kybernetischen Zeitalters.
Um die aktuellen Verbotspraktiken auch in ihrer historischen Dimension verstehen zu können,
hilft ein Blick in die Geschichte. Moderne Zensur beginnt mit der Erfindung des Buchdrucks zur
Mitte des 15. Jahrhunderts. Bis ins 18. Jahrhundert gehen die Träger der verordneten Wahrheit
Schritt für Schritt von der Kirche auf den Staat über, wobei erstere als »Schutzwächter des
Pöbels« wichtig blieb. Der vorliegende Band enthält viele Biographien von zensierten Autoren
wie Heinrich Heine, kämpferischen Verlegern wie Friedrich Brockhaus und standhaften
Buchhändlern wie Johann Philipp Palm. Im 20. Jahrhundert wechseln Phasen der
Meinungsfreiheit mit der Unterdrückung des freien Wortes ab. In Erinnerung blieb die Zensur-
und Berufsverbotswelle gegen alles Linke und Radikale in den 1970er Jahren.
Im digitalen Mediengeschehen unserer Tage ragen zwei Themenkreise hervor, bei denen harte
Zensurmaßnahmen zum Einsatz kommen. Es sind dies die transatlantische Position zu Russland
und die Corona-Politik der allermeisten EU-europäischen Staaten. Das zeigt, wie wichtig der
herrschenden Elite in geopolitischer Hinsicht die Russlandfrage ist und für wie entscheidend sie
in wirtschaftlicher Hinsicht die staatliche Anschubfinanzierung des biotechnisch
pharmazeutischen Komplexes hält. Dem entgegenstehende Narrative werden zensuriert.
Betroffen davon sind russische Auslandssender wie RT .de oder alternative Plattformen wie Ken
FM , die wie viele andere Beispiele in dem Buch vorkommen.
Eine Arbeit wie die vorliegende zu Zensur und ihren Folgen muss sich einen Rahmen setzen, um
nicht auszuufern. Mein gewählter Rahmen ist der deutsche Sprachraum. Wohl wissend, dass
Zensur in anderen Weltgegenden mindestens ebenso stark und oft viel brutaler stattfindet. Dass
es trotzdem in der Gegenwart nicht ohne die Einbeziehung des Silicon Valley geht, liegt in der
Natur der Dinge, sprich: in der digitalen Abhängigkeit EU-Europas von US-Konzernen.
Als weitere selbst gewählte Einschränkung habe ich beschlossen, die politische Verfolgung eines
der medialen Helden unseres Zeitalters, Julian Assange, hier nicht zum Thema zu machen,obwohl sie unschwer als besonders perfide Zensurtechnik gesehen werden kann. Dies ist mir
auch deshalb leicht gefallen, weil es zum »Fall Assange« bereits ausgezeichnete Bücher gibt.
Anders ist dies bei einem weiteren mit der Zensur verwandten Thema. Die Rede ist von »Cancel
Culture«, einer neuen Form von »Löschkultur«. Dazu liegen auf Deutsch bisher kaum
Publikationen vor; dennoch nahm ich davon Abstand, diese ins Aktionistische gekippte Form
»politischer Korrektheit« aufzunehmen; auch deshalb, weil die Form des Ausmerzens nicht direkt
mit Publikationsverboten zu tun hat.
Den Leserinnen und Lesern dieses Buches wünsche ich eine spannende Lektüre und das eine
oder andere Aha-Erlebnis. Bedanken möchte ich mich bei meiner Lebensgefährtin Andrea
Komlosy und ihrem scharfen, historisch geschulten Auge. Es hat dem letzten Schliff des Buches
gut getan.
Hannes Hofbauer
Wien, im Februar 2022
Author(s): Hannes Hofbauer
Publisher: Promedia Verlag
Year: 2022
Language: German
City: Wien
Tags: censorship, cancel culture, infowars, zensur, meinungsfreiheit, redefreiheit, pressefreiheit, tabus, denkverbote, redeverbote, geheimnisse, geheimpolitik
Vorwort
Die Anfänge der Zensur: Von der Macht der Kirche zur Staatsmacht
Das Buch als Teufelswerk
Zensur wird verstaatlicht
Zensur im Zeitalter der Aufklärung
Die Verfolgung von Radikalen und Revolutionären
Exkurs: Zensur bedeutender Köpfe – Beaumarchais, Kant, Fichte
Napoleonische Repression
Das Biedermeier – wird seinem Namen gerecht
Die kurze 1848er-Freiheit und die Verrechtlichung der Zensur
Der Feind steht links
Wenn die Macht vom Volk ausgeht: Zensur im 20. Jahrhundert
Endlich Frieden ... und ein wenig Freiheit
»Wider die Negerkultur für das deutsche Volkstum«
Befreiung und Umerziehung
»Eine Zensur findet nicht statt«
Gegen Schmutz und Schund
»Weß Brot ich eß, ...«
Der Linksextremismus im Visier der Staatsschützer
Exkurs: Zensur im Arbeiterstaat
Zensur im digitalen Zeitalter
Mit Gesinnungsgesetzen gegen die Meinungsfreiheit
Mit einer »Task force« gegen unliebsame Veröffentlichungen
Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Brüssel zieht nach
Mit dem Medienstaatsvertrag zur einzig gültigen Wahrheit
Im Baltikum herrscht bereits Zensur
Mit YouTube-Löschungen gegen Moskau
Von der Zensur zum Medienkrieg
Exkurs: Facebooks geopolitische Agenda
Gekaufte Medien?
Und wiederum: Brüssel legt nach
Big Pharma als Triebkraft
Löschorgien aus dem Silicon Valley
Frontal gegen Ken Jebsen
Die Faktenchecker
Kritik führt zu Berufsverboten
Zensurmaßnahmen werden immer umgangen
Literatur