∎ Der Bürgerkrieg in Syrien ist längst militärisch zugunsten des Regimes entschieden. Eine verhandelte Konfliktregelung, eine Aussöhnung oder eine nachhaltige Stabilisierung sind für das Land nicht in Sicht.
∎ Syrien steht vor enormen Herausforderungen, die über den Wiederaufbau von Infrastruktur und Wohnraum weit hinausgehen. Dazu gehören vor allem Anschubhilfe für eine wirtschaftliche Erholung, die Stabilisierung der Währung und die Erneuerung staatlicher Versorgungsleistungen, ins-besondere bei Bildung, Gesundheit, Strom und Wasser.
∎ Der Ansatz der syrischen Führung, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und die geopolitischen Interessen der Regional- und Großmächte machen es äußerst unwahrscheinlich, dass ausreichend Mittel für einen umfassenden Wiederaufbau Syriens zur Verfügung stehen werden. Ebenso wenig ist zu erwarten, dass die Ressourcen gemäß dem Bedarf der Bevölkerung eingesetzt werden.
∎ Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben ein Engagement beim Wieder-aufbau Syriens von tragfähigen Schritten in Richtung einer verhandelten Konfliktregelung und einer politischen Öffnung des Landes abhängig gemacht. Sie sollten ihren Ansatz so anpassen, dass er besser den Heraus-forderungen vor Ort und der aktuellen Realität entspricht.
∎ Das bedeutet insbesondere, humanitäre Hilfe effektiver einzusetzen, sektorale Sanktionen abzubauen und die Rehabilitierung von Basis-infrastruktur auch in Gebieten zu unterstützen, die unter Kontrolle der syrischen Regierung stehen. Auf diese Weise ließe sich wirksamer als bislang zur Linderung der Not und zur Verbesserung der Lebensbedin-gungen beitragen.
∎ Eine nachhaltige Stabilisierung Syriens ist allerdings nur zu erreichen, wenn dort tiefgreifende Reformen durchgeführt werden. In diesem Sinne sollten die Europäer ihren »More for More«-Ansatz ausbuchstabieren.
∎ Von einer vollständigen Normalisierung gegenüber den Spitzen des Assad-Regimes sollten die Europäer absehen. Stattdessen sind sie gefor-dert, die strafrechtliche Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, schweren Menschenrechtsverletzungen und dem Einsatz international geächteter Waffen noch aktiver als bislang zu unterstützen.
Author(s): Muriel Asseburg
Series: SWP Studie; 2020/7
Publisher: Stiftung Wissenschaft und Politik
Year: 2020
Language: German
Pages: 40
City: Berlin
Tags: Syrien, Wiederaufbauhilfen, Europäische Union
5 Problemstellung und Empfehlungen
7 Der Ansatz der syrischen Führung: Wiederaufbau als Fortsetzung des (Bürger-) Krieges mit anderen Mitteln
8 Politisierter Wiederaufbau
10 Internationale Hilfe am Gängelband
12 Der Kontext: Die Interessen der Regional- und Großmächte
12 Russland und Iran
13 Die Türkei
14 China
15 Arabische Golfstaaten
16 Syriens Nachbarn
16 Die USA
16 Zwischenfazit
18 Herausforderungen des Wiederaufbaus
18 Kriegszerstörungen und ihre Folgen
19 Kriegswirtschaft und Sanktionen
22 Die Folgen von Tod, Flucht und Vertreibung
24 Zwischenfazit
25 Der europäische Ansatz: Kein Wiederaufbau ohne politische Öffnung
25 Europäische Position und Instrumente
27 Zunehmende Divergenzen
28 Schlussfolgerungen, Politikoptionen und Empfehlungen
28 Ein realistischerer Ansatz der Europäer
30 Effektivierung der Hilfe
30 Europäischer Beitrag zur Rehabilitation von Basisinfrastruktur
31 Fokussierung auf ein exemplarisches Angebot
32 Überprüfung des Sanktionsregimes
32 Unterstützung von Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen
33 Der »More for More«-Ansatz
34 Kein Freifahrschein für schwere Menschenrechts-verletzungen
35 Karte
36 Abkürzungen
37 Literaturhinweise