Weibliche Bildung im 18. Jahrhundert ; »gelehrtes Frauenzimmer« und »gefällige Gattin«

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In der Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung in Europa gibt es noch viel Unerforschtes. Von den uns bekannten Gründen dafür seien zwei erwähnt: Die Bildungsgeschichte ist weitgehend eine Geschichte der Knaben- und Männerbildung. Für Mädchen und Frauen war - so wie die Geschlechtsrollen definiert und verteilt waren - zumeist der Zugang und die Teilhabe an dieser Bildung nicht vorgesehen. Nur einzelne Frauen haben jeweils dieses Muster durchbrechen können. Für das 18. Jahrhundert belegt das die hier vorliegende Untersuchung von Christiane Brokmann-Nooren. Allerdings ist daran zu erinnern, daß bis an die Gegenwart heran auch eine nur ganz allmählich steigende Zahl von privilegierten und für herausgehobene soziale Funktionen bestimmten Knaben und Männern zu den gebildeten Ständen gerechnet und diese Privilegien gegen das "einfache Volk" verteidigt wurden. Zum anderen: Die Geschichtsschreibung der Bildung ist meistens eng verknüpft mit der Geschichte der Bildungsinstitutionen, bei den Klosterschulen nicht anders als bei den Gymnasien. Bildung war dem Namen nach eine gymnasiale Bildung oder die einer anderen Institution, nicht aber zuerst die von Individuen. Tatsächlich hat es lange Zeit nur sehr wenige Bildungsinstitutionen für Mädchen und Frauen gegeben und wohl keine, die für sie öffentlich zugänglich gewesen wären. Das Frauenstudium etwa ist - bis auf wenige einzelne Ausnahmen - erst in unserem Jahrhundert möglich. Die wenigen Untersuchungen zur Mädchen- und Frauenbildung, die bisher vorliegen, spiegeln gerade auch dieses Problem einer Bildung ohne öffentlich zugängliche Institutionen und somit einer meistens autodidaktischen oder familiengestützten Bildung wieder. Diesen Gründen entsprechen bestimmte Schwierigkeiten. Untersuchungen zur Frauenbildung traten bisher fast unausweichlich als Gegenbilder zur Männerbildung auf den Plan, oft mit der Zuweisung des status minor für die Frauenbildung. Die so fixierte Dualität, als ob Frauenbildung als "Kontrastprogramm" zur Männerbildung zu denken wäre, so 10 wie Frauenrollen nur im Kontrast zu Männerrollen, bedarf dringend der differenzierenden Auflösung, wenn das eine wie das andere sachgerecht erörtert werden soll. Ebenfalls aufzulösen ist die Vorstellung, daß Bildung das Produkt einer Bildungsinstitution sei. Bildung ist weit darüber hinaus immer auch das, was das Individuum selbst aus sich, aus seinem Leben gemacht, welchen eigenen Lebensplan es verwirklicht hat. Kaum etwas ist beweiskräftiger dafür als die Frauenbildung in den vergangenen Jahrhunderten. Nicht zuletzt in dieser Hinsicht leistet diese historische Untersuchung von Christiane Brokmann-Nooren einen wichtigen Beitrag zu jenen notwendigen Differenzierungen. Die Verfasserin hat vor allem gebildete Frauen als Individuen vorgestellt. Dabei hat sie - das ist ein wesentlicher Forschungsertrag - eine ganze Reihe von bisher in der erziehungswissenschaftlichen Literatur unbekannten Autorinnen und Autoren mit deren Veröffentlichungen erschlossen. Es ist der große Vorzug einer parteilichen Analyse - hier pro femina - ein bestimmtes Problem wie das einer permanenten Benachteiligung besonders deutlich ins Blickfeld zu rücken. Ausgewogenheit verwischt oft die Konturen. Aber es gerät dabei auch zwangsläufig die andere Seite aus dem Blick. Die Verfasserin unterscheidet zwar bei den Männern durchaus zwischen "Frauenfreunden" und solchen, die es nicht waren. Aber die Diskriminierung ist nicht nur ein Problem des Individualcharakters, sondern auch der sozialen Komponenten wie Normen und Bedingungen. Dementsprechend war wohl das Vermögen einzelner Frauen, sich ihre Bildung selbst zu entwerfen, nicht nur eine Frage des persönlichen Muts und der eigenen intelligenten Energie, sondern damit verbunden auch der Risikoabwägung in dieser Gesellschaft. Benachteiligende Diskriminierung impliziert fast immer schärfere Sanktionen. Wie gefährlich war es denn im 18. Jahrhundert für Frauen, aus eigener Kraft gebildet zu sein? Diese historische Analyse wirft so viele Fragen auf wie sie neue Quellen erschließt und neue Aspekte aufweist. Das eine wie das andere ist zugleich Aufgabe und Verdienst einer Untersuchung wie die hier den Leserinnen und Lesern empfohlene über die weibliche Bildung im 18. Jahrhundert.

Author(s): Christiane Brokmann-Nooren
Series: Beiträge zur Sozialgeschichte der Bildung; 2
Publisher: Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg
Year: 1994

Language: German
Pages: 277
City: Oldenburg
Tags: Emanzipation, 18. Jh., Bildungsforschung