Reichs klinisch und soziologisch geschulter Blick durchschaute den fundamentalen Zusammenhang zwischen autoritärer Triebunterdrückung und faschistischer Ideologie. Er analysierte die Gestik, Phraseologie, die moralischen Schemata und Aktionen der »Hitlerei« und wies in ihnen die Verschiebung von Sexualangst zu einem Mystizismus nach, der die Freiheitsfähigkeit des Menschen in einen irrationalen Mechanismus chronischer Abhängigkeit pervertierten. 1933 erschien Reichs Massenpsychologie des Faschismus zum ersten Mal. In der 3., erweiterten und korrigierten Ausgabe, die Reich 1942 in den USA abschloß, ist die erste Fassung erhalten. Aber die Enttäuschung über die aufgehaltene revolutionäre Entwicklung und die damit verbundene antisexuelle Haltung in Sowjetrußland hat die Perspektive in einigen wichtigen Punkten verändert. Reich sieht den Faschismus jetzt nicht mehr auf einzelne Staaten beschränkt, sondern erkennt ihn als Phänomen der modernen Massengesellschaft überhaupt. In einem neuen Abschnitt deckt er faschistische Züge in der Propaganda der Sowjets und das Eindringen reaktionärer Herrschaftsformen seit der Fixierung der »Sowjetdemokratie« von 1935 auf. Dem »Kulturbolschewismus« der »Massenpsychologie« von 1933 stellt er das alternative Konzept einer Kulturrevolution durch die »Arbeitsdemokratie« gegenüber, die auf der gesellschaftlichen Selbstbestimmung aller Arbeitenden basiert. Die Grundthese Reichs bleibt auch in diesem erweiterten Konzept bestehen: daß eine Überwindung des Faschismus nur möglich ist durch eine rationale Neuregelung der Sexualökonomie der Gesellschaft.
Author(s): Wilhelm Reich
Year: 1933
Language: German
Tags: marxismus,faschismus,psychologie,sex,sexualität,sexualpolitik,ökonomie,arbeiterbewegung,deutschland,nazi,nationalsozialismus,proletariat
Vorwort
Vorwort zur dritten korrigierten und erweiterten Auflage
I. Die Ideologie als materielle Gewalt
1. Die Schere
Wo lag das Problem?
2. Ökonomische und ideologische Strukturder deu
3. Die Fragestellung der Massenpsychologie
4. Die gesellschaftliche Funktion der Sexualunter
II. Die autoritäre Familienideologiein der Mass
1. Führer und Massenstruktur
2. Hitlers Herkunft
3. Zur Massenpsychologie des Kleinbürgertums
4. Familienbindung und nationalistisches Empfinden
5. Das nationalsozialistische Selbstgefühl
6. Die Verbürgerlichung der Industriearbeitersch
III. Die Rassentheorie
1. Ihr Inhalt
2. Objektive und subjektive Funktion der Ideologie
3. Rassereinheit, Blutsvergiftung und Mystizismus
IV. Die Symbolik des Hakenkreuzes
V. Die sexualökonomischen Voraussetzungender au
VI. Der organisierte Mystizismusals internationale antisexuelle Organisation
1. Das Interesse an der Kirche
2. Der Kampf gegen den »Kulturbolschewismus«
3. Der Appell an das mystische Gefühl
4. Das Ziel der Kulturrevolutionim Lichte der faschistischen Reaktion
VII. Die Sexualökonomie im Kampf gegen die Mysti
1. Die drei Grundelemente des religiösen Gefühls
2. Verankerung der Religion durch sexuelle Angst
a) Verankerung der Mystik in der Kindheit
b) Verankerung der Mystik im Jugendalter
3. Gesundes und neurotisches Selbstgefühl
VIII. Einige Fragen der sexualpolitischen Praxis
1. Theorie und Praxis
2. Der bisherige Kampf gegen die Mystik
3. Sexuelles Lebensglück contra Mystik
4. Die individuelle Entwurzelung des religiösen
5. Einwände und die Praxis der Sexualökonomie
6. Der unpolitische Mensch
IX. Masse und Staat
1. 1936 Wahrheiten aussprechen – aber wie und wan
2. »Was geht in der Menschenmasse vor?«
3. Die »sozialistische Sehnsucht«
4. Das »Absterben des Staates«
Engels und Lenin über die Selbststeuerung
5. Das Programm der KPdSU(VIII. Parteitag der KPdSU, 1919)
6. Die »Einführung der Sowjetdemokratie«
7. Die Entwicklung des autoritären Staatsapparat
8. Die soziale Funktion des Staatskapitalismus
X. Biosoziale Funktionen der Arbeit
1. Das Problem der »freiwilligen Arbeitsdiszipli
XI. Gebt Verantwortungder lebensnotwendigen Arbeit!
1. Was ist »Arbeitsdemokratie«?
2. Was ist neu an der Arbeitsdemokratie?
XII. Der biologische Rechenfehlerim menschlichen Freiheitskampf
1. Unser Interesse an freiheitlicher Entwicklung
2. Biologische Versteifung, Freiheitsunfähigkeit
3. Das Arsenal der menschlichen Freiheit
XIII. Über die natürliche Arbeitsdemokratie
1. Untersuchungen über die natürlichen sozialen
2. Arbeit im Widerspruch zur Politik
3. Notiz über sachliche Kritik und irrationale K
4. Arbeit ist ihrem Wesen nach rational
5. Lebensnotwendige und andere Arbeit
Glossar
Fußnoten